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Treffpunkt - Buluşma Noktası

Türkische und deutsche Kultur im Dialog

Grillen

Meine türkischen Freunde behaupten, dass die Türken zu jeder Tages- und Jahreszeit grillen würden. Da kennen sie aber die Saarländer nicht! „So ein schöner Garten und nie grillen die Nachbarn da drin“ klagt Murat mir in Mannheim und weist auf den akkuraten drei Millimeter geschnitten Rasen seiner Nachbarn. „Guck mal, die benutzen ihren Garten eigentlich nie, aber wenn ich den Grill anschmeiße, beschweren Sie sich“, klagt mir Jörg in Köpenick und weist auf den akkuraten drei Millimeter geschnitten Rasen seiner Nachbarn. Murat stammt aus Konya, Jörg stammt aus dem Saarland. Was beide vereint ist die hemmungslose Lust zu jeder Tages- und Jahreszeit saftige Fleischstücke auf den Grill zu werfen.

Mein schönste Grillerlebnis mit Freunden aus der Türkei, war an einem Silvesterabend auf einer Dachterrasse in Berlin bei gefühlten 10 Grad minus und Schneeregen. Das Wetter tat der guten Stimmung keinen Abbruch, man hielt sich warm mit Lachen und guter Laune und Glühwein. Der Grillwagen wurde einfach unter die Markise gerollt und los ging es. Natürlich standen wir mit draußen und ließen den Grillmeister nicht allein. Das Ergebnis seines Werks war ein lukullischer Genuss.

Wenn Jörg, der Saarländer, grillt, dann packt er das ganz große Gerät aus: den Schwenker. Er ist ein stählernes Dreibeingestell mit dazwischen aufgehängtem, rundem Grillrost aus Edelstahl. Dabei unterscheidet man allerdings zwischen dem „Schwenker de Luxe“ und dem Gekauften. Der erste ist so stabil, dass er jederzeit als Panzersperre einzusetzen wäre. Der Gekaufte ist dagegen ein blasser Abklatsch: Er steht nicht wie eine Eins, und manchmal wackelt er sogar. Ein Unding! – Kein Saarländer lobt ihn. Völlig klar ist der Ursprung des Schwenk-Gestelles: die ersten Geräte dieser Art entstanden während der Arbeitszeit auf saarländischen Hütten und in Gruben-Werkstätten über Tage. Hütten- und Grubenbesitzer stellten mehr oder weniger freiwillig und gerne das Material zur Verfügung.

Im Saarland soll so viel gegrillt werden, dass die Piloten der Flugzeuge im Anflug auf den Flughafen, vor lauter Grillschwaden die Landebahn nicht finden. „Gott lenkt, der Mensch denkt, der Saarländer schwenkt“, mit diesem Spruch macht sich Jörg an seine Aufgabe. Kalte Nebelschwaden an diesem tristen Novembertag machen ihm nichts aus. Das Wetter tat der guten Stimmung keinen Abbruch, man hielt sich warm mit Lachen und guter Laune und Bier. Das Ergebnis des Grillens war ein lukullischer Genuss.

Schön dass beide Kulturen von sich behaupten, dass sie die Weltmeister in der Zubereitung von Fleisch auf dem offenen Feuer seien. Damit stehen sie aber nicht alleine, viele andere behaupten das auch. Leider grillen Deutsche und türkisch-stämmige Deutsche meistens allein vor sich hin. Vielleicht werden Murat und Jörg einmal Nachbarn.

Datum

Montag, 15.10.2012 | 21:13

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