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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Auf du und du mit dem zellulären Stress

Empfehlung in der Horombo Hut

„Wahrscheinlich hat es hier noch nie eine Expeditionsgruppe gegeben, die so viel medizinisches Fachpersonal und entsprechende Ausrüstung hatte“, sagt Harald Renz. Der Professor von der Philipps Universität Marburg erklärt den Bergsteigern verständlich, was im Körper geschieht, wenn jemand höhenkrank wird. „Der in dieser Höhe fehlende Sauerstoff sorgt für zellulären Stress. Die spannende Frage ist, wie der Körper mit diesem Stress umgeht. Welche rund 200 der zur Verfügung stehende 20.000 Gene die Zellen in Gang setzen.“ Aus diesem Grund hat das Ärzteteam uns mehrmals Blut abgezapft und in spezielle Röhrchen gefüllt. „So haben wir von jedem je einen Stoffwechsel-Fingerabbruch auf jeder Höhe,“, erklärt der Mediziner. Wenn wir morgen zur Kibo Hut auf 4700 Metern aufgestiegen sind, werden wir eine weitere Blutprobe abgeben, die letzte dann nach dem Gipfelgang am Samstag. Die ersten Ergebnisse der Analyse werden in etwa einem halben Jahr vorliegen. „Wir erhoffen uns Erkenntnisse über die genetischen Prozesse, die zur Höhenkrankheit führen“, sagt Harald Renz.

Empfehlung vor dem Gipfelgang

Harald Renz erklärt die Höhenkrankheit

Christian Kreisel wird mit auf die Kibo Hut aufsteigen und dort gewissermaßen der medizinische Vorposten sein. Tim Jäcker bleibt in der Horombo Hut. Wenn einer der Bergsteiger höhenkrank werden sollte, kann er also auf 4700 Metern notbehandelt und anschließend auf 3700 Meter hinuntergebracht werden. „Sollte der Zustand ernst sein, werde ich dafür sorgen, dass ihr mit dem Krankenwagen sofort ins Tal gebracht werdet und werde gegebenenfalls auch mitfahren“, sagt der Arzt. Christian Kreisel wird kurz vor dem Gipfelgang auf der Kibo Hut in der Nacht von Freitag auf Samstag einen letzten medizinischen Check machen und jedem einzelnen empfehlen, ob er aufsteigen kann oder doch lieber absteigen sollte. „Wer aufsteigt, obwohl ich ihm abgeraten habe, muss es mir schriftlich geben, dass er auf eigene Verantwortung den Gipfel in Angriff nimmt“, stellt Kreisel klar.

Eigenverantwortung ist gefragt

Unsere Gruppe an den Zebra Rocks

„Es ist zum einen wichtig, dass das Schnaufen funktioniert“, erklärt Harald Renz. „Zum anderen muss euer Gehirn weiterhin in der Lage sein, vernünftige Entscheidungen zu fällen. Also horcht in euch hinein! Der Gipfel ist nicht alles.“ Man spürt, dass die Spannung unter den Gipfelaspiranten steigt. Es gibt Nachfragen, ob etwa die Sauerstoffsättigung, die man mit dem Pulsoxymeter misst, ein verlässlicher Wert ist, um das Risiko einzuschätzen, höhenkrank zu werden. „Der Wert kann einen Hinweis geben, mehr nicht“, sagt Renz. „Jemand kann einen Wert von 91 Prozent Sauerstoffsättigung haben und trotzdem Gefahr laufen, höhenkrank zu werden.“ Manfred, selbst Arzt und einer der Bergsteiger, versucht, das Ärzteteam aus Marburg aus der Verantwortung zu nehmen: „Letztlich muss doch jeder von uns selbst entscheiden, wie weit er geht. Wir allein tragen die Verantwortung für unser Handeln, nicht die Ärzte.“

Länger akklimatisiert als die meisten anderen

Dilettant in der Wand 🙂

Heute sind wir noch einmal bis auf eine Höhe von 4100 Metern aufgestiegen, um uns weiter zu akklimatisieren. Ziel der gemütlichen Wanderung waren die „Zebra Rocks“, eine beeindruckende schwarz-weiß gestreifte Felsformation. „Wir haben uns einen Tag länger auf 3700 Meter aufgehalten, als die Gruppen es normalerweise machen. Ich glaube, das hat sich ausgezahlt,“ sagt Harald Renz. „Viele, die gestern noch über Kopfschmerzen und Schlafstörungen klagten, fühlen sich heute gut.“

Datum

21. Februar 2018 | 16:12

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