More DW Blogs DW.COM

Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Everest-Saison lief “reibungslos”

Everest-Nordseite im letzten Tageslicht

Everest-Nordseite im letzten Tageslicht

„Es war eine gute Saison“, schreibt mir Nishma Khadgi, die bei Asian Trekking, dem führenden Expeditionsveranstalter Nepals, für Marketing zuständig ist. „Die Dinge haben sich weitgehend normalisiert. Die Stimmung unter den Bergsteigern und Sherpas ist gut, das stimmt uns für die künftigen Saisons optimistisch.“ Nach Angaben des nepalesischen Tourismusministeriums bestiegen in diesem Frühjahr 456 Bergsteiger von der Südseite aus den Mount Everest, 199 davon kamen aus dem Ausland. Die offiziellen Zahlen von der Nordseite stehen noch aus.

Mit dem Nepalesen Mingma Gyalje Sherpa und dem Schweizer Kari Kobler haben zwei weitere Expeditionsleiter auf meine Bitte reagiert, mir ihre persönliche Everest-Saisonbilanz zu geben. Mingma war im Frühjahr auf der Südseite, Kari auf der Nordseite. Beide halten sich derzeit in Pakistan auf, wo sie Expeditionen zum K 2 anführen, dem zweithöchsten Berg der Erde. Und noch eine Gemeinsamkeit gibt es: Beide Expeditionsleiter bestiegen im Mai den Everest selbst.

Mingma Gyalje Sherpa: „Keine Staus“

Mingma Gyalje Sherpa

Mingma Gyalje Sherpa

Mingma Gyalje Sherpa ist Chef von Dreamers Destination, einem in Kathmandu ansässigen Veranstalter von Expeditionen und Trekkingreisen. Der 30-Jährige hat bereits sieben Achttausender bestiegen und sorgte im Herbst 2015 mit seinem Solo in der Westwand des 6685 Meter hohen Chobutse für Schlagzeilen. Das ist seine Bilanz der Everest-Frühjahrssaison:

„Dieses Jahr war es am Everest großartig. Ich stand zum fünften Mal auf dem Gipfel, und dies war meine leichteste Besteigung. Es hat am Anfang ziemlich viel geschneit, und dieser Schnee bedeckte Fels und Eis. Die bekanntesten Felspassagen wie das Gelbe Band oder der Genfer Sporn und auch die Gipfelwand oberhalb des Südsattels waren schneebedeckt und daher leicht zu begehen und  zu klettern. Das Sherpa-Team, das für die Fixseile zuständig war, beendet zu einem frühen Zeitpunkt seine Arbeit. In früheren Jahren wurde der Berg meist nach dem 15. Mai bestiegen, in diesem Jahr standen einige Teams schon vor diesem Datum oben. Daher gab es weniger Staus. Zudem war auch der große Fels am Hillary Step schneebedeckt. So war es vergleichsweise leicht, ihn zu überwinden, und auch dort gab es überhaupt keinen Stau.

Da die nepalesische Regierung die Permits von 2015 für 2016 und (!) 2017 verlängert hat, wirkte sich das nicht auf die Zahl der Bergsteiger an den Achttausendern aus. Ich hatte ein Team mit acht Mitgliedern, vier wollten auf den Everest, vier auf den Lhotse. Auf jeden ausländischen Bergsteiger kam ein Sherpa. Am Lhotse fehlte in dieser Saison das Glück, dort gab es überhaupt keine Gipfelerfolge. Drei meiner Kunden standen am 20. Mai mit ihren Sherpas auf dem Gipfel des Everest, an diesem Tag waren nur wenige oben. Die Teams wählten verschiedene Gipfeltage zwischen dem 13. und 22. Mai. Dank des Fixseil-Teams, das sehr früh die Route fertig präpariert hatte, lief das Ganze reibungslos ab.“

Kobler: „Alle wollten am gleichen Tag hoch, Horror!“

Kari Kobler (l.) mit seinem Team

Kari Kobler (l.) mit seinem Team

Für Kari Kobler war die Besteigung des Mount Everest in diesem Frühjahr bereits seine sechste. Mit dem 61 Jahre alten Chef des Veranstalters Kobler & Partner erreichten sechs seiner Sherpas sowie zwei Kunden den höchsten Punkt, darunter der Deutsche Stefan Sieveking (Jahrgang 1946), „der vermutlich älteste Deutsche auf dem Gipfel des Mount Everest“, wie Kari schreibt. Der Schweizer hat mich ermuntert, mich bei seinem Resümee auf der K&P-Homepage zu bedienen:

„Nachdem das Anbringen der Fixseile am 10. bis 13. Mai in die Hosen ging, gab Sumdjock (von der Tibet Himalaya Expedition Company, die das Fixseil-Team stellte) auf einmal bekannt, um den 19. Mai sei sehr gutes Gipfel-Wetter. Es wurde auf einmal hektisch im Basislager und ABC (vorgeschobenes Basislager)! Die Chinesen, Russen, Japaner und Inder wollten alle am gleichen Tag auf den Gipfel, Horror! Erfrierungen, Schneeblindheit und sonstige kleine Blessuren waren die Folge von meistens unvorsichtigem Verhalten. Doch es ging alles ohne größere Verletzungen über die Bühne. Es gab auf der Nordseite des Mount Everest keinen einzigen Todesfall in diesem Jahr!

Wir haben mit der Besteigung gewartet. Das war keine einfache Entscheidung. Doch die Erfahrung hat mich gelehrt, manchmal einfach ein wenig Geduld zu haben. Das Warten hat sich gelohnt, denn der 23. Mai war der beste Everest-Gipfeltag 2016. Der Aufstieg war einfach super. Es hat in der Nacht vorher ein wenig geschneit. Somit waren die Felsbänder, die es am Everest zu queren gilt und die manchmal ein wenig heikel sind, bestens verschneit. Ich durfte als Erster sogar eine neue Spur bis auf den Gipfel legen. Was mich natürlich gefreut hat. Auf dem Gipfel stand ich mit Pemba alleine und konnte die einfach geniale Aussicht genießen.“

Datum

21. Juni 2016 | 12:22

Teilen