More DW Blogs DW.COM

Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Gläserne Everest-Bergsteiger

Tibetische Nordseite des Everest

Tibetische Nordseite des Everest

Es ist nicht nur die dünne Luft am Mount Everest, die Bergsteiger hecheln lässt. Inzwischen scheint auch ein Wettlauf um die hipste Nutzung der so genannten „sozialen“ Netzwerke entbrannt. Spitzenreiter in dieser Kategorie – berücksichtigt man das mediale Echo weltweit – sind in diesem Frühjahr ohne Frage die beiden US-Amerikaner Adrian Ballinger und Cory Richards. Sie dokumentieren ihren Aufstieg ohne Flaschensauerstoff auf der tibetischen Nordseite auch via Snapchat – jenen Mitteilungs-Dienst für Smartphones und Tablets, bei dem die Einträge nach einer Weile automatisch verschwinden – und erzeugen damit bei den Couch potatoes für Schnappatmung. Unter #EverestNoFilter kann jeder quasi in Echtzeit und ungefiltert dabei sein, wenn Ballinger und Richards über den Nordostgrat aufsteigen. Die beiden wollen am Wochenende den 8850 Meter hohen Gipfel erreichen.

Wie viel Klappern ist nötig?

Adrian und Cory lassen ihre Fans nicht nur über Snapchat, sondern auch über Instagram, Twitter und Facebook an so ziemlich allem teilhaben, was ihnen während ihres Aufstiegs widerfährt. Selbst die Herzfrequenz wird veröffentlicht. Die beiden wirken sogar, als ob ihnen dieser ständige „Break Dance“ auf verschiedenen Internet-Hochzeiten richtig Spaß macht. Und es scheint sie auch nicht zu stören, dass sie wahrscheinlich als „Gläserne Bergsteiger“ in die Everest-Geschichte eingehen werden. Beide sind Profis, somit gehört Klappern zum Geschäft. Aber muss es wirklich so viel sein?

„Unser Ziel ist es, unsere Sichtweise zu teilen und einen Dialog anzustoßen über die positiven und negativen Seiten des Bergsteigens am Everest“, schrieb Adrian vor der Expedition. „Schlussendlich wollen wir eine positive Zukunft für den Everest erreichen, und für alle die auf dem Berg arbeiten und die dort ihre Freizeit verbringen.“ Ballinger ist Gründer und Chef des kommerziellen Veranstalters Alpenglow Expeditions. Sechsmal hat der 40 Jahre alte Bergführer den Everest bereits bestiegen, jedoch immer mit Flaschensauerstoff. Cory Richards, geboren im Mai 1981, ist Bergsteiger und Fotograf. Gemeinsam mit dem Italiener Simone Moro und dem Russen Denis Urubko gelang ihm 2011 die erste Winterbesteigung des Achttausenders Gasherbrum II.

Lhakpa Sherpas siebter Streich

Am Donnerstag erreichten mehr als 200 Bergsteiger den Gipfel des Mount Everest. Und die Welle rollt weiter. Auch von der Nordseite, wo jetzt, wie auf der Südseite, die Normalroute bis zum höchsten Punkt mit Fixseilen gesichert ist, wurden die ersten Erfolge gemeldet. Unter anderen erreichte Lhakpa Sherpa den Gipfel und verbesserte damit ihren eigenen Rekord: Mit sieben Besteigungen ist die 42-Jährige, die in Nepal geboren wurde und in den USA lebt, die Frau mit den meisten Everest-Erfolgen.

Todesfall am Dhaulagiri

Dhaulagiri

Dhaulagiri

Auch am Achttausender Dhaulagiri gab es die ersten Besteigungen der Frühjahrssaison. Der Spanier Alberto Zerain, der Argentinier Mariano Galvan, die beiden Inder Rajib Bhattacharya und Prasad Joshi sowie ein Sherpa, dessen Namen leider nicht bekannt gegeben wurde (eine häufig vorkommende Unsitte) erreichten den 8167 Meter hohen Gipfel. Beim Abstieg brach der 43-Jährige Bhattacharya auf 7600 Metern zusammen und starb.

Datum

20. Mai 2016 | 15:04

Teilen