Vor dem Finale
In der vergangenen Nacht dachte ich ernsthaft, die Expedition sei gelaufen. Ein Sturm schüttelte die Zelte heftig. Es schneite. Graupel gelangte ins Zeltinnere. Ich wälzte mich von einer Seite auf die andere und schlief kaum. Als der Morgen graute, war fast alles vergessen. Etwa 20 Zentimeter Neuschnee lagen auf den Hängen. Der Himmel war wolkenlos, die Aussicht von Lager 2 atemberaubend.
Allerdings war unsere Gipfelmannschaft um drei weitere Expeditionsmitglieder geschrumpft. Michael war beim Aufstieg am Vortag offenbar über seine Grenzen hinausgegangen. „Unmittelbar nach der Ankunft ging es mir noch gut“, sagte Michael. „Doch dann war ich nicht mehr in der Lage, den Kocher anzuwerfen. Ich mache mir jetzt ein paar schöne Tage im Basislager.“
So hörte sich der Sturm in Lager 2 im Zelt an
Noch hinunter nach Lager 1
Auch unsere beiden niederländischen Bergsteigerinnen Angelique und Marianne stiegen ab. Sie hatten sich ebenfalls ins Lager 2 gequält. „Wir hätten uns den Gipfel schon zugetraut, aber am gleichen Tag noch bis Lager 1 abzusteigen, hätte unsere Kräfte überstiegen“, begründete Angelique die Entscheidung der Eheleute. Sie reagierten damit auf die Taktik, die Expeditionsleiter Herbert wegen der Wetterprognose ausgegeben hat. Da morgen Mittag heftige Schneefälle erwartet werden, müssen wir spätestens um zehn Uhr am 7246 Meter hohen Gipfel des Putha Hiunchuli ankommen. Und dann aus Sicherheitsgründen bis zu Lager 1 auf 5500 Meter absteigen. Das ist noch mehr für Brigitte und Hans eine große Herausforderung als für uns, da sie morgen in einem Zug von Lager 2 bis zum Gipfel aufsteigen wollen.
Heute Vormittag machten sich also neun Bergsteiger auf den Weg nach Lager 3: Helmut, Norbert, Roland, Sergio, Joachim, Herbert, die beiden Pembas und ich. Der Aufstieg war anstrengender als erwartet. Der Neuschnee sorgte dafür, dass die beiden Sherpas beim Spuren immer wieder tief einsackten. Sie trugen 15 Kilogramm mehr in ihren Rucksäcken als wir in unseren. Irgendwann waren ihre Kräfte erschöpft, von unseren ganz zu schweigen. Jetzt übernahm Herbert die Spurarbeit.
Ein wenig atemlos
Nach fünfeinhalb Stunden erreichten wir, ein wenig atemlos, Lager 3 auf 6560 Metern. Dort profitierten wir zwar davon, dass eine holländische Expedition vor uns auf dem abschüssigen Gelände zwei Zeltplätze planiert hatte, doch wir benötigten fünf Plätze. Jetzt stehen die Zelte Wand an Wand. Und alle sind in ihre Schlafsäcke gekrochen. Morgen wird ein aufregender Tag. Ich melde mich so bald ich kann. Drückt uns die Daumen!
PS: Wo wir gerade sind, könnt ihr auch weiterhin auf der rechten Seite nachsehen („Spot Messenger“):
Punkt 1: Basislager
Punkt 3: Lager 1
Punkt 4: Lager 2
Punkt 8: Lager 3