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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Expeditionsmitglied Tod

Viel Verkehr auf der Normalroute

Vier Tote am Mount Everest an einem Tag, darunter auch ein Deutscher. Die Folge: Sich überschlagende Schlagzeilen im deutschen Blätterwald. Die Fakten: Eberhard Schaaf, ein 61 Jahre alter Arzt aus Aachen, ist am Samstag beim Abstieg vom Gipfel des höchsten Bergs der Erde gestorben. Vermutlich an den Folgen eines Höhenhirmödens, etwa auf Höhe des Hillary-Steps auf knapp 8800 Metern. Drei weitere Bergsteiger kamen oberhalb des Südsattels ums Leben: Ein Koreaner, ein Chinese und eine in Nepal geborene Kanadierin. Auch bei ihnen wird vermutet, dass sie an den Folgen der Höhenkrankheit starben. Todesfälle mit Ansage?

Viele schlicht überfordert

Letzte Etappe zum Gipfel vom Südsattel aus

Jahr für Jahr sterben an den Flanken des Mount Everest Menschen. Schaut man sich die Statistiken der jüngeren Vergangenheit an, fällt auf, dass die „klassischen“ Todesursachen Lawine und Absturz eher selten auftauchen, immer häufiger dagegen die Höhenkrankheit. Das ist kein Zufall. In den vergangenen Wochen konntet ihr hier im Blog mehrfach lesen, dass auf den beiden Normalrouten viele Kunden kommerzieller Veranstalter unterwegs sind, die dort eigentlich nichts verloren haben. Ralf Dujmovits, seit drei Jahrzehnten im Himalaya und in diesem Frühjahr selbst am Everest unterwegs, bezeichnet diesen Typ des Gipfel-Anwärters als „Gerne-Groß“: einzig vom Traum beseelt, den höchsten Berg der Erde zu besteigen, koste es, was es wolle. Reden wir nicht um den Brei herum: Wer zum Teil schon ab Lager 2 auf 6500 Metern auf eine Atemmaske zurückgreifen muss, ist am Everest schlicht überfordert und damit fehl am Platz. Möglicherweise konditionell schlecht vorbereitet, unerfahren. Perfektes Wetter, Fixseile bis zum Gipfel und Sherpas als Unterstützung vorausgesetzt, kann er vielleicht den Gipfel erreichen. Sobald aber irgendetwas Unvorhergesehenes geschieht, wird es ernst. Todernst.

Wie im Winterschlussverkauf

Schlange über Lager 3

Am vergangenen Wochenende stiegen auf der nepalesischen Südseite des Mount Everest rund 150 Bergsteiger Richtung Gipfel auf. Staus an den Schlüsselstellen waren unvermeidlich. Eine der Grundregeln des Höhenbergsteigens lautet: Sieh’ zu, dass du so schnell wie möglich wieder aus der Todeszone herauskommst! Die beginnt bei etwa 7000 Metern, einer Höhe, in der man nicht auf Dauer überleben kann. Die Bergsteiger-Schlange hinauf zum Südsattel (dokumentiert in Ralfs Bildern) erinnerte dagegen fast an die Tage des Winterschlussverkaufs. Wer für den Aufstieg länger als geplant braucht, ist irgendwann am Ende seiner Kräfte. Hat er auch einkalkuliert, dass er im Everest-Stau mehr Flaschen-Sauerstoff benötigt? Mit Tunnelblick und Adrenalin schafft er es vielleicht auf den Gipfel, doch dann steht noch der lange Rückweg bevor. Die meisten sterben beim Abstieg. Die Konzentration lässt nach, dazu gesellen sich Erschöpfung, Sauerstoffmangel, Kälte – eine lebensbedrohliche Mischung.

Risiko freiwillig eingegangen

Das ist kein Geheimnis. Jeder, der sich auf den Weg zum Mount-Everest-Gipfel macht, weiß um dieses Risiko und geht es freiwillig ein. Jahr für Jahr lassen sich Hunderte von Bergsteigern aus aller Welt davon nicht abschrecken. Vielleicht auch, weil sie denken, dass Todesfälle gemessen an der Zahl der Erfolgsmeldungen die Ausnahme, nicht die Regel sind. Am Berg ignorieren viele die Warnsignale ihrer Körper. Umkehren gilt als uncool. Vielleicht realisiert mancher im Gipfelbereich die akute Todesgefahr aber auch gar nicht oder zu spät. Womit wir wieder bei der mangelnden Erfahrung wären.

Jeder Tote am Mount Everest ist einer zu viel. Und mein aufrichtiges Beileid gilt den Angehörigen und Freunden der verstorbenen Bergsteiger. Aber so lange so viele kommerzielle Veranstalter gleichzeitig die Genehmigung für den Mount Everest erhalten, wird der Tod ein potentielles Expeditionsmitglied bleiben.

Datum

22. Mai 2012 | 12:53

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