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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Auch Lenin war am Gipfel

Viel los auf Polens höchstem Berg, dem Rysy

Alle Augen richten sich auf die Ukraine und Polen. Na klar, dort schlägt derzeit das europäische Fußballherz. Jogis Jungs haben mir gestern ein paar graue Haare mehr verschafft. Da sich die Farbe auf meinem Körpergipfel seit längerem durchgesetzt hat, fällt das kaum auf. Und hinterher, wenn Deutschland (hoffentlich) den Titel geholt hat, fragt ohnehin niemand mehr danach, wem das 1:0 gegen Portugal auf die Haare geschlagen ist.

Vor der letzten EM 2008 in Österreich und der Schweiz hatte Bundestrainer Joachim Löw seinen Kader noch auf der Zugspitze präsentiert und das Unternehmen EM-Titelkampf „Gipfelsturm“ getauft. Diesmal verzichtete der Coach auf Höhenluft und Bergbezug. Die Ukraine und Polen gelten eben im Gegensatz zum letzten EM-Ausrichter nicht als Eldorado der Bergsteiger. Und ganz ehrlich, bis heute hatte ich keine Ahnung, welche Erhebungen in den beiden EM-Gastgeberländern die höchsten sind.

Mehr wander- als wunderbar

Die Howerla, höchster Berg der Ukraine

Der Rysy liegt in der Hohen Tatra und wird als höchster Berg Polens geführt – obwohl der Hauptgipfel (2503 Meter) in der Slowakei liegt. Doch der 2499 Meter hohe Nordwestgipfel gehört zu Polen und ist höher als alles andere, was das Land zu bieten hat. Schwer zu besteigen ist er nicht. 1899 trug sich die in Polen geborene spätere Physik- und Chemie-Nobelpreisträgerin Marie Sklodowska Curie ins Gipfelbuch ein, 1913 auch Lenin, der spätere Gründer der Sowjetunion.

Noch leichter ist der höchste Berg der Ukraine zu erklimmen, der eigentlich eher ein Hügel ist. 2061 Meter misst die Howerla, in den Karpaten im Westen des Landes gelegen. Auf den höchsten Punkt führt ein Wanderweg.

Polnische Topbergsteiger

Krzysztof Wielicki (2010 in Brixen)

Dass auch Länder mit unspektakulären Bergen Ausnahmebergsteiger hervorbringen kann, beweist vor allem Polen. Polnische Kletterer haben an den Achttausendern Geschichte geschrieben. Stellvertretend seien Jerzy Kukuczka und Krzysztof Wielicki genannt. Kukuczka war der zweite Mensch nach Reinhold Messner, der alle 14 Achttausender bestieg: bis auf den Mount Everest alle ohne Atemmaske, fast alle auf neuen, schwierigen Routen, vier Achttausender erstmals im Winter. Kukuczka stürzte 1989 in der Lhotse-Südwand ab. Im Gegensatz zu ihm lebt Krzysztof Wielicki noch. Auch er stand auf den Gipfeln aller 14 Achttausender. 1980 gelang Wielicki mit Leszek Cichy die erste Winterbesteigung des Mount Everest.

Kinga wie Wanda

Und erst vor wenigen Wochen sorgte eine polnische Bergsteigerin für Schlagzeilen. Kinga Baranowska bestieg mit dem Lhotse ihren achten Achttausender. Damit zog die 36-Jährige mit ihrer legendären Landsfrau Wanda Rutkiewicz gleich, die 1992 von ihrem Versuch, den Kangchendzönga zu besteigen, nicht mehr zurückkehrte.

Datum

11. Juni 2012 | 0:42

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