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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Spagat zwischen Politik und Berg

Pavel Bém 2007 auf dem Mount Everest

Für einen PR-Gag ist der Berg eindeutig zu hoch und gefährlich. Der tschechische Politiker Pavel Bém gehörte zu den 30 Bergsteigern, die in der vergangenen Woche den K 2 bestiegen, den zweithöchsten Berg der Erde. Acht Jahre lang, von 2002 bis 2010, leitete der Prager als Oberbürgermeister die Geschicke der Hauptstadt. Seitdem sitzt der Konservative als Abgeordneter im tschechischen Parlament. Doch das Sitzen hält Bém nicht lange aus. Immer wieder zieht es ihn in die Berge. 2007 stand er als zehnter Tscheche auf dem Mount Everest. Oberhalb von 8000 Metern nutzte er Flaschensauerstoff. 2011 trug sich Bém in die Liste jener Bergsteiger ein, die die so genannten „Seven Summits“, die höchsten Berge aller Kontinente bestiegen haben. Mit seinen Bergabenteuern machte sich der Politiker jedoch nicht nur Freunde.  

Auch Präsident Klaus unter den Kritikern

Als sich Bém 2007 für zwei Monate in Richtung Everest aus dem Staub machte, hagelte es Kritik. Der Oberbürgermeister lasse Prag im Stich, um seinem Hobby zu frönen, hieß es. Selbst Staatspräsident Václav Klaus, ein Parteifreund Béms, stimmte in den Chor der Kritiker ein. Der verstummte, als Bém den Gipfel erreichte. Plötzlich waren die Tschechen inklusive Klaus mächtig stolz auf ihren bergsteigenden Landsmann.

Unter Korruptionsverdacht

Das Jahr 2012 begann für den 49-Jährigen ungemütlich. Bém geriet unter Korruptionsverdacht. Telefonmitschnitte wurden veröffentlicht, die den Eindruck erweckten, als habe sich Bém während seiner Zeit als Prager Stadtchef von seinem Freund Roman Janousek beeinflussen lassen. Der Milliardär gilt als „graue Eminenz“ der Konservativen, die im Hintergrund die Fäden zieht. Bém wies die Anschuldigungen zurück und lehnte einen Rücktritt als Abgeordneter zurück. Seine Parteizugehörigkeit ließ er jedoch vorerst ruhen – und verzog sich im Sommer in die Berge Pakistans.

Ohne Atemmaske

K 2 - schön und gefährlich

Mit seinem Landsmann Peter Hamor erreichte Bém am 31. Juli den 8611 Meter hohen Gipfel des K 2. Für Hamor war es der zehnte Achttausender. Die beiden Tschechen verzichteten auf Flaschensauerstoff. Nur vier weitere Bergsteiger (der Österreicher Christian Stangl, der Pole Adam Bielecki, der Iraner Azim Ghaychesaz und der Spanier Oscar Cadiach) standen in der vergangenen Woche ebenfalls ohne Atemmaske auf dem K 2. Bém ist also eine bemerkenswerte sportliche Leistung gelungen. Mal sehen, wie viele seiner Kritiker ihm jetzt auf die Schulter klopfen.

Datum

6. August 2012 | 15:53

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