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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Kinder auf dem Everest? Unverantwortlich!

Windfahne-EverestEin Zwölfjähriger auf dem Everest? Professor Thomas Küpper kann nur den Kopf schütteln. Ich habe den international renommierten Höhenmediziner von der Universität Aachen gefragt, was er davon hält, dass – wie hier berichtet – der derzeit noch elf Jahre alte US-Amerikaner Tyler Armstrong im nächsten Frühjahr auf den Mount Everest steigen will. „Man sollte Anzeige wegen Kindesmissbrauch stellen“, schreibt mir der Mediziner, der auch den Weltverband der Bergsteiger und Kletterer (UIAA) berät, empört zurück.

Keine Erkenntnisse über Behandlung

Prof. Thomas Küpper

Prof. Thomas Küpper

Ich wollte von ihm wissen, ob es wissenschaftliche Erkenntnisse darüber gibt, wie speziell Kinder auf große Höhe reagieren: Ist bei ihnen das Risiko größer, höhenkrank zu werden? Muss man Spätfolgen befürchten? „Grundsätzlich gibt es keine Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen hinsichtlich Symptomen und Häufigkeit der Höhenkrankheit, auch nicht hinsichtlich der Akklimatisationszeiten“, schreibt mir der Wissenschaftler. „Allerdings gibt es KEINE Kenntnisse, wie insbesondere schwere Höhenkrankheiten bei Kindern zu behandeln wären.“ Mit anderen Worten: Sollte sich Tyler Armstrong am Everest ein Lungen- oder Hirnödem zuziehen, würden ihm wahrscheinlich die bei Erwachsenen üblichen Notfallpräparate verabreicht, ohne dass hinreichend untersucht ist, ob und wenn ja, in welcher Dosierung dies bei Kindern sinnvoll ist.

Höheres Risiko von Erfrierungen

Doch die Höhenkrankheit sei nicht die einzige Gefahr, schreibt Professor Küpper. „Dessen ungeachtet hat ein Kind aufgrund anderer Physiologie und Körperproportionen jedem Umwelteinfluss weniger entgegenzusetzen und ist beispielsweise viel mehr unterkühlungsgefährdet.“ Allein das sollte meiner Meinung nach für Eltern eigentlich schon Grund genug sein, ihre Kinder nicht extremer Höhe auszusetzen. Für Professor Küpper gibt es in dieser Frage kein Wenn oder Aber. Für ihn wäre die Besteigung des Mount Everest durch einen Zwölfjährigen „völliger Unsinn und reiner Narzismus der Eltern“.

Datum

10. August 2015 | 17:10

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