Dorjes Everest-Sabbatjahr
Dorje Sherpa kennt sich aus mit Everest-Katastrophen. 1996, also vor 20 Jahren, bestieg er erstmals den höchsten Berg der Erde. Damals gehörte er zum IMAX-Filmteam des US-Amerikaner David Breashears, als im Gipfelbereich bei einem Sturm innerhalb von 24 Stunden acht Bergsteiger ums Leben kamen. „Wir waren damals in Lager 2 auf 6400 Metern“, erzählt mir der 50-Jährige in seiner „Buddha Lodge“ im Dorf Phakding, das auf der beliebten Trekkingroute zum Everest-Basislager liegt.
Rettungsaktion im Eisbruch
An den Wänden des Gastraums hängen zahlreiche Urkunden, auch ein Dankesschreiben des nepalesischen Bergsteigerverbands NMA für Dorjes Einsatz bei der Rettungsaktion am Everest im Frühjahr 2014. Vor zwei Jahren waren in einer Eislawine im Khumbu-Eisbruch 16 nepalesische Bergsteiger gestorben. Dorje war Sirdar des „Altitude Junkies“-Teams, sprich der Chef ihrer Climbing Sherpas. Vom Basislager aus stieg er zur Unglücksstelle auf und half dabei, die Toten und Verletzten zu bergen.
Familie sagt: Nein!
Und auch 2015 hielt sich der Sherpa zu Füßen des Mount Everest auf, als das Erdbeben am 25. April eine Lawine vom Pumori auslöste, die das Everest-Basislager traf und 19 Menschen tötete. „Wir saßen gerade beim Essen im Gemeinschaftszelt. Es war eine riesige Lawine. Ein Teammitglied rannte nach draußen, stolperte und schlug sich dabei zwei Zähne aus.“ 2014 und 2015 seien zwei schlimme Jahre am höchsten Berg der Erde gewesen, sagt Dorje: „Deshalb werde ich in diesem Jahr auch aussetzen. Meine Familie lässt mich diesmal nicht zum Everest.“ Sechsmal stand der erfahrene Bergsteiger bereits auf dem 8850 Meter hohen Gipfel. Er wolle in diesem Jahr aussetzen, nicht aufhören, betont der Sherpa: „Vielleicht klappt es ja 2017 wieder.“
Bereit für Gäste – wenn sie denn kommen
Seine Frau und sein Sohn leben in der Hauptstadt Kathmandu. Dorje hat in Phakding den Wiederaufbau seiner Lodge überwacht, die bei dem Erdbeben vor knapp elf Monaten zerstört worden war. Überall riecht es noch nach frisch verarbeitetem Holz. Die Außenwände hat Dorje solide mauern lassen. „Jetzt sind wir bereit für neue Gäste“, sagt der Sherpa, als er uns stolz die fertiggestellten Zimmer zeigt. „Hoffentlich kommen sie auch.“
P.S.: Die Braukunst meiner Heimatstadt Köln scheint inzwischen auch das Everest-Gebiet erreicht zu haben. Hier gibt es jedenfalls – wie ihr auf dem Bild sehen könnt – „Khumbu-Kölsch“ zu kaufen. 😉