Schweigeminute im Everest-Basislager
Um 11:56 Uhr brach die Hölle los. Ein Erdbeben der Stärke 7,8 erschütterte heute vor genau einem Jahr den Himalaya-Staat Nepal. Etwa 9000 Menschen kamen ums Leben, 23.000 wurden verletzt. Das sind jedoch nur die von der Regierung registrierten Opfer, wahrscheinlich waren es mehr. Auch am Mount Everest starben am 25. April 2015 viele Menschen. Das Beben löste am nahegelegenen Siebentausender Pumori eine riesige Lawine aus. Sie traf das Everest-Basislager, 19 Menschen kamen ums Leben. Am heutigen Jahrestag der Katastrophe trafen sich die Bergsteiger und die Mitarbeiter der Krankenstation „Everest ER“ zu Füßen des höchsten Bergs der Erde zu einer Schweigeminute – um 11:56 Uhr.
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Dorjes Everest-Sabbatjahr
Dorje Sherpa kennt sich aus mit Everest-Katastrophen. 1996, also vor 20 Jahren, bestieg er erstmals den höchsten Berg der Erde. Damals gehörte er zum IMAX-Filmteam des US-Amerikaner David Breashears, als im Gipfelbereich bei einem Sturm innerhalb von 24 Stunden acht Bergsteiger ums Leben kamen. „Wir waren damals in Lager 2 auf 6400 Metern“, erzählt mir der 50-Jährige in seiner „Buddha Lodge“ im Dorf Phakding, das auf der beliebten Trekkingroute zum Everest-Basislager liegt.
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Noch kein Licht am Ende des Tunnels
Chautara wirkt, als hätte das verheerende Erdbeben hier erst vor kurzem zugeschlagen, nicht vor knapp elf Monaten. Gut 15.000 Menschen leben in der Stadt auf 1500 Metern Höhe, dem Verwaltungssitz des vom Beben am 25. April letzten Jahres besonders hart getroffenen Distrikts Sindhupalchowk. Auf der Hauptstraße zeugen immer noch viele Häuserruinen von der Katastrophe, die mehr als 3500 Menschen der Bergregion das Leben kostete. In vielen Dörfern stürzten rund 90 Prozent der Häuser ein. Die Aufräumarbeiten kommen nur schleppend voran. Zu schwer sind die Wunden, die das Erdbeben gerissen hat, nicht nur an den Gebäuden, sondern auch bei den Bewohnern der Stadt. „Wir haben hier immer noch große medizinische Probleme“, erzählt Ärztin Sabina Parajuli. „Jene, die sich damals verletzt haben, sind immer noch nicht vollständig genesen, sondern haben Probleme, vor allem an den Gliedmaßen. Sie wurden damals operiert und sind immer noch nicht in der Lage, wieder ihr normales Leben zu führen. Oft waren sie die einzigen, die für das Einkommen der Familie sorgten. Jetzt verdienen sie nichts. Und ihre Angehörigen sind damit beschäftigt, sich um sie zu kümmern.“ Außerdem breiteten sich infektiöse Krankheiten wie Erbrechen oder Durchfall schnell aus, weil in den Notunterkünften sehr viele Menschen auf engstem Raum leben.
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„Wir sind bereit“ in Thulosirubari
„Sie haben ihre Häuser und ihren ganzen Besitz verloren, aber nicht ihre Pläne“, sagt Arjun Gatraj über die Menschen seines Heimatdorfes Thulosirubari. „Sie hoffen weiter.“ Nicht nur auf bessere Zeiten für sich, sondern vor allem für ihre Kinder. „Sie wissen ganz genau, wie wichtig Bildung ist. Deshalb schickten sie ihre Kinder auch sofort wieder in unsere Schule, sobald wir den Unterricht wieder aufgenommen hatten.“ Arjun ist der Vorsitzende des Schulkomitees von Thulosirubari, einem kleinen Bergdorf, gut 70 Kilometer von der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu entfernt. So gut wie jede Familie wurde von dem verheerenden Erdbeben am 25. April 2015 getroffen. „75 Menschen starben, davon acht unserer Schüler“, erzählt mir Arjun bei meinem Besuch in Thulosirubari. „Von rund 1800 Häusern hier in der Gegend blieben nur 30 bis 40 unversehrt.“
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Erschütterungen, die nachwirken
„Ich bin jetzt 57 Jahre alt“, sagt Sunil. „Und das war das einschneidendste Erlebnis, das ich bisher hatte.“ Der Nepalese spricht über den 25. April vergangenen Jahres, als in Nepal die Erde bebte. Fast 9000 Menschen kamen ums Leben. Sunil nahm gerade in einer Halle in der Hauptstadt Kathmandu an einer Veranstaltung mit 2500 Gästen teil. „Plötzlich schaukelte das gesamte Gebäude. Alle strebten dem Ausgang zu, der viel zu klein für den Ansturm war“, erinnert sich Sunil. „Die Leute fielen übereinander, es gab eine Panik. Ich dachte, es hat keinen Zweck. Ich muss hier drinnen bleiben. Wenn ich es nicht überlebe, sollte es eben so sein.“ Die Halle hielt den Erschütterungen stand. Sunil kam mit dem Schrecken davon.
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Auf geht’s: Power-Pilgern für Nepal!
Jeder Kilometer zählt. Am morgigen Mittwoch werde ich zum „Power-Pilgern für Nepal“ aufbrechen. Ich starte meine Sponsorwanderung auf dem Jakobsweg um 8 Uhr früh am Kölner Dom. Mein Ziel ist es, innerhalb von 36 Stunden den etwa 100 Kilometer entfernten Aachener Dom zu erreichen, inklusive einer Übernachtung auf halber Strecke. Inzwischen ist die Spendensumme, die ich pro Kilometer erwandere, auf sieben Euro gestiegen – auf Grundlage der Informationen, die ich direkt von euch erhalten habe. Möglicherweise liegt sie ja sogar noch höher. Toll, schon jetzt vielen Dank!
Natürlich sind weitere Sponsoren jederzeit willkommen, auch noch, nachdem ich mir die Füße wundgelaufen habe. 😉 Ich freue mich über jeden Cent für unser Hilfsprojekt „School up!“, mit dem wir so schnell wie möglich die Schule in Thulosirubari in Nepal wieder aufbauen wollen. Die „Gerlinde-und-Ralf-Schule“ in den Bergen 40 Kilometer Luftlinie östlich von Kathmandu war bei dem Erdbeben am 25. April so schwer beschädigt worden, dass sie abgerissen werden musste.
Sturm und Schauern
Der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, hatte mir ja – wie berichtet – für meine Wanderung auf dem Jakobsweg „gutes Wetter und vor allem viele Sponsoren“ gewünscht. Letzteres ist schon eingetroffen, bei ersterem bin ich eher skeptisch.
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Power-Pilgern für Nepal
„Es ist traurig, diesen ‚Ground Zero‘ zu sehen, wo vorher eine so große Schule stand“, sagt Sunil Krishna Shrestha, Verbindungsmann der Nepalhilfe Beilngries in Nepal. Das verheerende Erdbeben vom 25. April hatte die „Gerlinde-und-Ralf-Schule“ in Thulosirubari – wie berichtet – so schwer beschädigt, dass sie abgerissen werden musste. Die Ruine war zur Gefahr für die Kinder geworden, die auch nach dem Beben auf dem Schulgelände spielten. Inzwischen ist die Schule, an der vor gut einem halben Jahr noch rund 700 Kinder aus der Bergregion rund um das Dorf unterrichtet wurden, dem Erdboden gleichgemacht worden. „Wir konnten einige Türen, Fenster, Schulpulte und Tafeln retten“, schreibt mir Arjun Gatraj, der Vorsitzende des Schulverwaltungskomitees von Thulosirubari. Die Steine der alten Schule seien nicht mehr zu gebrauchen, weil die Organisation IOM (International Organization for Migration) beim Abriss schweres Gerät eingesetzt habe.
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Habeler: „Geht nach Nepal – aber nicht alle zum Everest!“
Die 73 Lebensjahre, die er inzwischen auf dem Buckel hat, sieht man Peter Habeler nicht an. Schlank, drahtig, braungebrannt – eben einer, der immer noch viel in den Bergen unterwegs ist. Er wiederhole derzeit mit Freunden viele Touren in den Alpen, die er in jungen Jahren geklettert sei, erzählt mir der Österreicher aus Mayrhofen im Zillertal, als ich ihn am vergangenen Wochenende beim Kölner Alpintag in Leverkusen treffe: „Es geht mir Gott sei Dank körperlich sehr gut. Aber da beißt sich ja die Katze in den Schwanz: Wenn man viel trainiert und macht, ist man eben auch in besserer konditioneller Verfassung.“ Auch 37 Jahre, nachdem er zusammen mit Reinhold Messner erstmals den Mount Everest ohne Flaschensauerstoff bestieg, lässt ihn der höchste Berg der Erde nicht los – natürlich auch, weil er als einer der Pioniere immer danach gefragt wird.
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Aufräumen nach Erdbeben im Hindukusch
Wieder hat es eine Bergregion getroffen. Knapp ein halbes Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal, das fast 9000 Menschen das Leben kostete, bebte gestern im Grenzgebiet zwischen Nord-Afghanistan und Nord-Pakistan die Erde. Die Zahl der registrierten Toten stieg inzwischen auf fast 400, mehrere tausend Menschen sollen verletzt worden sein. Wie nach dem Beben in Nepal sind auch in Pakistan und Afghanistan die Rettungsteams in viele entlegene Bergtäler noch gar nicht vorgedrungen. Straßen sind durch Erdrutsche blockiert. Allein entlang des Karakorum-Highway, der Hauptverbindungsachse nach Norden, wurden 45 Erdrutsche gezählt. Mehr als die Hälfte der dort blockierten Stellen sind inzwischen wieder freigeräumt. Auch aus der vielen Bergsteigern bekannten Gegend um die Stadt Skardu, Ausgangspunkt der meisten Expeditionen in den Karakorum, wurden Erdrutsche gemeldet.
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Kletterabend für „School up!“
Ihr wohnt nicht allzu weit weg von Baden-Baden und habt am nächsten Samstag (17. Oktober) noch nichts vor? Dann solltet ihr jetzt einen Termin in euren Kalender eintragen und ihn rot markieren. Die Sektion Baden-Baden/Murgtal des Deutschen Alpenvereins veranstaltet nämlich einen Nepal-Aktionstag, dessen Einnahmen unserem Hilfsprojekt „School up!“ zugute kommen. Ziel des Projekts ist es, die vom Erdbeben am 25. April zerstörte „Gerlinde-und-Ralf-Schule“ in Thulosirubari so schnell wie möglich wieder aufzubauen. Der Aktionstag steigt im Kletterzentrum Baden-Baden.
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Erst das Beben, jetzt die Blockade
Na endlich! Viele westliche Regierungen haben jetzt ihre nach dem Erdbeben vom 25. April verhängten generellen Reisewarnungen für Nepal aufgehoben. Sie raten jetzt nur noch von Reisen in bestimmte Gebiete des Himalaya-Staates ab. So nennt das Auswärtige Amt in Berlin die Trekkingregionen Langtang und Manaslu als problematische Gebiete, zu denen der Zugang „gar nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich“ sei. Auch das britische Außenministerium rät von Reisen in diese Regionen ab und nennt zusätzlich noch die Bezirke Sindhupalchowk und Dolakha. Aus Sicht der deutschen Regierung ist bei Reisen in diese und andere von dem Beben hart getroffenen Bezirke „besondere Vorsicht geboten“. Das US-Außenministerium stellt fest, dass die Häufigkeit und Stärke der Nachbeben deutlich nachgelassen habe, rät aber Reisenden dazu, sich gründlich bei den lokalen Reise- und Trekkingagenturen über die konkreten Gefahren schlau zu machen. Alle genannten Regierungen verweisen auf ein neues Problem Nepals – ein politisches.
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Menschen wie Mahesh
Es ist alles andere als leicht, auf dem umkämpften Tourismusmarkt Nepals zu überleben – unter normalen Umständen, aber erst recht nach dem Erdbeben vom letzten Frühjahr. In Kathmandu gibt es Hunderte von Trekking- und Expeditionsveranstaltern, die um jeden einzelnen Kunden kämpfen. Bei den meisten handelt es sich um kleine Agenturen, häufig leben deren Inhaber von der Hand in den Mund. Kleinunternehmer wie mein Freund Mahesh Kumar Budha leiden am meisten unter den wirtschaftlichen Folgen des Erdbebens. Die Regierung schätzt, dass der Tourismus um 50 Prozent eingebrochen ist, Veranstalter aus Nepal sprechen von bis zu 70 Prozent.
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Dominik Müller: „Ich fühle mich absolut sicher“
Der 8136 Meter hohe Manaslu ist wohl der einzige Berg Nepals, an dem es derzeit fast so ist wie immer im Herbst. „Wir haben etwa 15 Expeditionen hier, viele davon kleine Teams“, erzählt mir Dominik Müller per Satellitentelefon aus dem rund 4800 Meter hoch gelegenen Basislager an dem Achttausender im Westen Nepals. „Alles in allem kommen wohl 120 bis 130 Gipfelaspiranten zusammen.“ Dominik leitet zusammen mit dem Bergführer Rainer Pircher eine Expedition seines Unternehmens Amical Alpin mit zehn Teilnehmern, drei Climbing Sherpas, einem Koch und vier Küchenhelfern. Zu eng sei es im Basislager nicht, sagt Dominik. „Wir haben noch einen sehr schönen Platz gefunden.“ Am Mittwoch werde die Puja abgehalten, die traditionelle buddhistische Zeremonie, bei der die Bergsteiger um den Segen der Götter bitten. Einige Expeditionen – etwa die von Himalayan Experience, die der Neuseeländer Russell Brice leitet – sind schon länger am Berg.
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Dawa Steven Sherpa: „Ke garne! Wir machen weiter! “
Es ist wie verhext. Zwei Frühjahrssaisons am Mount Everest hintereinander blieben ohne Gipfelerfolge (Ich ignoriere dabei die Besteigung durch das Team der Chinesin Wang Jing 2014, bei der sich die Bergsteiger mit dem Hubschrauber ins Hochlager fliegen ließen). 2014 wurden alle kommerziellen Expeditionen vorzeitig abgebrochen, nachdem bei einer Lawine im Khumbu-Eisbruch 16 nepalesische Bergsteiger ums Leben gekommen waren. In diesem Jahr löste das verheerende Erdbeben in Nepal am Siebentausender Pumori eine Lawine aus, die das Everest-Basislager traf und 19 Bergsteiger und Expeditionshelfer tötete. Einmal mehr endete die Frühjahrssaison, bevor sie richtig begonnen hatte. Was bedeutet das für die Sherpas?
Ich habe Dawa Steven Sherpa angerufen. Zusammen mit seinem Vater Ang Tshering Sherpa, dem Präsidenten des Nepalesischen Bergsteigerverbands (NMA) führt der 31-Jährige in Kathmandu „Asian Trekking“, einen führenden Veranstalter von Expeditionen und Trekkingreisen im Himalaya. Dawa Steven bestieg zweimal den Everest (2007 und 2008) und auch die Achttausender Cho Oyu (2006) und Lhotse (2009). Unter seiner Expeditionsleitung erreichten mehr als 150 Bergsteiger den Gipfel des Everest. Aber Dawa Steven ist auch ein unermüdlicher Kämpfer für Umwelt- und Klimaschutz im Himalaya. Außerdem leitet er „Resilient Homes“, ein Projekt der „Himalayan Climate Initiative“, mit dem Dorfbewohnern im Erdbebengebiet dabei geholfen wird, ihre Häuser und andere Gebäude wieder aufzubauen – ein Grund mehr, um mit ihm über die aktuelle Lage in Nepal zu sprechen.
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Abriss der Schule hat begonnen
Es war schlicht zu gefährlich. Im Dorf Thulosirubari im nepalesischen Erdbebengebiet haben Einheimische und Helfer der Internationalen Organisation für Migration (IOM) damit begonnen, die Trümmer der Schule abzutragen. Der Grund: Das bei dem Beben am 25. April schwer beschädigte Gebäude steht „gefährlich nahe der Stelle, wo immer wieder Kinder spielen“, schreibt mir Arjun Gatraj, der Vorsitzende des Schulverwaltungskomitees. Das Erdgeschoss der „Gerlinde-und-Ralf-Schule“ war – wie berichtet – bei dem Beben in sich zusammengesackt, die Schule ist nicht mehr zu retten. „Wir stehen im Augenblick vor dem Problem, wie wir das Hauptgebäude abreißen und den Schutt entsorgen sollen“, sagt Arjun. „Uns fehlt dafür das Geld. Und die nepalesische Regierung kann uns nicht helfen.“
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