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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Steck im Kloster Tengboche eingeäschert

Kloster Tengboche

Das hätte ihm sicher gefallen. Im Kloster Tengboche im Khumbu-Gebiet, auf fast 4000 Metern, mit Blick auf Mount Everest, Lhotse und Ama Dablam, hat die Familie Ueli Stecks bei einer buddhistischen Trauerfeier Abschied von dem Schweizer Topbergsteiger genommen. Der 40-Jährige war am Sonntag am 7861 Meter hohen Nuptse in den Tod gestürzt. „Wie es der nepalesischen Tradition entspricht, wurde der Verstorbene in einer rund drei Stunden dauernden eindrücklichen Zeremonie eingeäschert“, teilte Stecks Familie auf Facebook mit.  An der Zeremonie hätten Uelis Frau Nicole, seine Eltern und Schwiegereltern teilgenommen. „Die Familie empfand das Zeremoniell als ausgesprochen feierlich und eindrucksvoll, als traurig und zugleich erlösend.“ Einen Teil der Asche werde die Familie mit zurück in die Schweiz nehmen, wo eine öffentliche Abschiedsfeier für Freunde, Bekannte und Weggefährten geplant sei. Ort und Zeit stünden noch nicht fest. Auf der Homepage Ueli Stecks wurde ein Online-Kondolenzbuch eingerichtet.

Akklimatisierungs-Plan kurzfristig geändert

Ueli Steck am Everest oberhalb von Lager 2

Die Familie äußerte sich auch zu dem Unfall. Steck sei am vergangenen Samstag bis Lager 2 auf 6400 Metern aufgestiegen. „Sein ursprünglicher Plan war, am nächsten Tag zur weiteren Akklimatisation auf der Everest-Normalroute zum knapp 8000 Meter hohen Südsattel aufzusteigen, um noch am gleichen Tag wieder ins Lager 2 zurückzukehren. Vom Lager 2 aus stellte Ueli fest, dass die Verhältnisse in der Nuptse-Wand ideal waren, weshalb er sich noch am Abend entschied, am folgenden Tag nicht zum Südsattel, sondern zum Nuptse aufzusteigen.“

Steck sei dann am Sonntag um 4.30 Uhr Ortszeit gemeinsam mit dem Franzosen Yannick Graziani von Lager 2 aus aufgebrochen. Während Graziani auf der Everest-Normalroute weiter aufgestiegen sei, sei Ueli in Richtung Nuptse abgebogen. „Uelis Unglück geschah auf rund 7600 Metern um etwa 9.00 Uhr (lokale Zeit). Seine Leiche wurde schließlich vom italienischen Helikopterpiloten Maurizio Folini auf einer Höhe von rund 6600 Metern geborgen und ins Spital von Kathmandu überführt. Die Absturzursache ist weiterhin unbekannt.“

Wo genau stieg Steck auf?

Nuptse-Nordflanke (vom Genfer Sporn am Everest aus)

Auch unter den Bergsteigern auf der Everest-Nordseite wird weiter über den tödlichen Unfall diskutiert. Ralf Dujmovits, der – wie berichtet – in diesem Frühjahr seinen achten und, wie er sagt, letzten Versuch macht, den höchsten Berg der Erde ohne Atemmaske zu besteigen, hielt sich zur Akklimatisierung am Everest-Nordsattel auf 7000 Metern, als ihn die Nachricht von Stecks Unfall am Nuptse erreichte: „Sein Tod hat mich sehr berührt – ich bin unendlich traurig.“ Dem 55 Jahre alten Deutschen war am Nuptse im September 1996 zusammen mit Axel Schlönvogt die zweite Begehung der Route über den Nordpfeiler gelungen, die 1979 von einer britischen Expedition unter Leitung von Doug Scott eröffnet worden war und die inzwischen, so Dujmovits, „leider zu einer Art Normalweg“ verkommen sei. „Ob Ueli allerdings diese Route, die inzwischen während des Vormonsuns oftmals mit Fixseilen versichert wird, begehen wollte, weiß ich nicht bzw. erscheint mir etwas Ueli-unlike“, schreibt mir Ralf. „Die argentinischen Brüder Benegas haben rechts des Pfeilers (also westlich) 2003 ein sehr schönes Couloir erstbegangen (Route ‚The Crystal Snake‘). Das würde mehr Uelis Stil entsprechen. Oder hat er eine neue Route noch weiter westlich ausgekundschaftet?“ Letztlich, so Dujmovits, könne er jedoch nur spekulieren. Steck hatte sich die Überschreitung von Everest und Lhotse vorgenommen, hatte aber auch eine Besteigungsgenehmigung für den Nuptse.

Dujmovits: „Einer der stärksten Allrounder“

Ralf Dujmoivts (im April am Cholatse)

„Ueli habe ich immer als sehr bodenständig, lebendig, ehrlich und freundlich erlebt“, schreibt Ralf über Steck. „Einer der stärksten Allround-Bergsteiger unserer Zeit, der sowohl bergsportspezifisches Training als auch Professionalität auf ein neues Niveau gehoben hat. Enttäuscht war ich über seinen Umgang mit dem Lawinen-Unfall 2014 an der Shisha Pangma. Sowohl der Öffentlichkeit als auch einem Kollegen gegenüber Fehler einzugestehen, hätte ihm sicher noch mehr Glanz verliehen.“

Datum

4. Mai 2017 | 21:43

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