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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Neues aus Verpimpel-Land: Luxus am Everest

Erst mal Schuhe putzen lassen

Nennt mich ruhig altmodisch. Aber für mich liegt der besondere Reiz von Expeditionen auch darin, die Komfortzone zu verlassen und in den Bergen, im Eis oder sonst wo ein einfacheres Leben als im Alltag zu führen. Das bedeutet ja nicht gleich, dass man zum Höhlenbewohner mutieren muss. Aber wenn ich etwa, wie kürzlich am Kilimandscharo geschehen, koreanische Bergsteiger sehe, die sich nach ihrer Ankunft an der Kibo Hut auf 4720 Metern erst einmal von einheimischen Helfern den Staub von den Schuhen wischen lassen, kann ich nur den Kopf schütteln. Nicht als ganz so peinlich, aber ähnlich verstörend empfinde ich es, wenn sich ein Zeltlager am Berg kaum noch von der eigenen Wohnung unterscheidet. Und das sogar am Mount Everest!

Richtiges Bett und Laptop-Platz

Luxuszelt für den Everest

Der russische Anbieter „7 Summits Club“ brüstet sich in diesem Frühjahr mit einem so genannten „Luxus-Camp“ auf der tibetischen Nordseite des höchsten Bergs der Erde. Jeder Expeditionsteilnehmer erhält sein eigenes geräumiges und beheiztes Zwei-Kammer-Zelt. Im „Schlafzimmer“ liegt ein Teppich und steht ein richtiges Bett mit Holzrahmen samt Daunenkissen und -plumeau. Im „Vorzimmer“ wartet ein Laptop-Arbeitsplatz mit Tisch und Stuhl. „Der Bergsteiger sollte seine Stärke so gut wie möglich wiederherstellen, sollte nicht krank werden, sollte seine gute Moral aufrechterhalten – ebenso wie seine Sehnsucht, den Weg bis zum Ende zu gehen“, begründet der Veranstalter den Luxus im Everest-Basislager.

Noch Luft nach oben

Everest-Aufstiegshilfe von morgen?

Der Schuss könnte jedoch auch nach hinten losgehen. Denn was ist, wenn die verpimpelten Bergsteiger plötzlich gar keine Lust mehr haben, ihr Luxusquartier aufzugeben? Vielleicht verlangen sie ja sogar, dem Privatzelt eine dritte Kammer anzufügen, für Dusche und WC, letzteres selbstverständlich mit angewärmter Klobrille. Und warum muss das Wohlfühlen eigentlich auf das Basislager beschränkt bleiben? Die bisher spartanisch eingerichteten Hochlager könnten doch auch mit Fußbodenheizung und Himmelbett ausgestattet werden. Und wenn man schon mal dabei ist, warum werden eigentlich die Fixseile nicht durch Schleppseile ersetzt, wie sie bei Kinder-Skiliften Anwendung finden? Dann wären Steigklemmen überflüssig, die Quälerei beim Aufstieg hätte ein Ende. Auch Laufbänder wie an großen Flughäfen wären denkbar. Es bleibt also noch Luft nach oben in Sachen Luxus. Die chinesisch-tibetischen Behörden müssten dann jedoch wohl die Everest-Stromgebühren von 50 Dollar pro Bergsteiger anheben. Sonst schreiben sie sehr bald rote Zahlen.

Datum

29. März 2018 | 22:53

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