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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Kurt Albert ist tot

Nun ist aus den Vermutungen also doch traurige Gewissheit geworden. Die Ärzte konnten das Leben Kurt Alberts nicht mehr retten.


Die Kletterszene trauert um einen echten Pionier: Kurt Albert ist im Alter von 56 Jahren gestorben. Nach Angaben des Polizeipräsidiums Oberpfalz erlag er am Dienstagabend den schweren Verletzungen, die er sich am Sonntag bei einem 18-Meter-Sturz zugezogen hatte. Albert war einer von drei Führern einer 17-köpfigen Gruppe, die in den „Höhenglücksteig“, einen beliebten Klettersteig im Frankenjura, eingestiegen war. Warum Albert an einer eher leichten Stelle abstürzte, ist noch unklar. Ein Rettungshubschrauber brachte ihn ins Krankenhaus, wo die Ärzte zwei Tage lang versuchten, sein Leben zu retten, am Ende vergeblich.

Rotpunkt

Kurt Albert gehörte zu den Pionieren des Freikletterns. Schon mit 14 begann er, in den Felsen seiner heimatlichen Fränkischen Schweiz zu klettern. Klassische Touren in den Alpen wie der Walkerpfeiler an den Grandes Jorasses im Mont-Blanc-Gebiet oder die Eiger-Nordwand folgten in den nächsten Jahren. 1975 begann Albert, Routen, die er im Vorstieg, also mit Seilsicherung von unten, frei geklettert war, am Einstieg mit einem roten Punkt zu markieren. Heute ist „Rotpunkt“ ein fester Begriff im Vokabular der Freikletterer.


Verfechter eines sauberen Kletterstils

Eternal Flame

In den 1980er Jahren hängte der Mathematik- und Physiklehrer seinen Job an den Nagel und widmete sich nur noch dem Klettern. Albert übertrug den Gedanken des Rotpunkt-Kletterns auf die großen Berge der Welt. 1988 kletterte er mit Wolfgang Güllich im Karakorum in Pakistan eine Route am 6251 Meter hohen Nameless Tower frei. Ein Jahr später eröffneten die beiden am selben Berg mit Milan Sykora und Christoph Stiegler die legendäre „Eternal Flame“. 80 Prozent der äußerst anspruchsvollen Route, benannt nach einem Album der damals angesagten US-Girlgroup „The Bangles“. kletterten sie frei. Erst 20 Jahre später gelang es Alexander und Thomas Huber, die „Eternal Flame“ Rotpunkt zu meistern.
Bis zuletzt war Kurt Albert auf Expeditionen unterwegs, häufig in entlegenen Regionen der Welt wie der Antarktis, Grönland oder dem Dschungel Venezuelas, immer auf der Suche nach neuen Routen in großen Wänden. Kurt Albert hat überall dort seine Spuren hinterlassen – in sauberem Kletterstil.

Warum dort, warum so?

Dass ein verwegener Bursche wie Albert, der in seinem Leben so viel gewagt hat, ausgerechnet an einem vergleichsweise harmlosen Klettersteig zu Tode stürzt, mutet fast wie eine Ironie des Schicksals an. Aber hätte er sich seinen Tod wählen können, hätte er es vielleicht genau so ausgesucht: im Frankenjura, wo er zu Hause war, beim Klettern, das er über alles liebte. Nur so früh wäre Kurt Albert sicher nicht freiwillig gegangen.

Stefan Glowacz über seinen Freund und Kletterpartner Kurt Albert

Datum

29. September 2010 | 9:01

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