Nachhaltig
Nachhaltig finde ich gut. Das Adjektiv ist eindeutig positiv besetzt und daher auf dem besten Weg zum Modewort. Immer mehr Redner benutzen es für ihre Zwecke. Dabei entstehen dann aber auch so abenteuerliche Wortschöpfungen wie „nachhaltige Chemie“, was in meinen Ohren klingt wie „harmlose Waffe“. Aber was ist eigentlich genau mit Nachhaltigkeit gemeint? Die Vereinten Nationen haben eine brauchbare Definition geliefert. Danach ist eine Entwicklung dann nachhaltig, wenn sie „den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen“.
Auf die Berge übertragen heißt das nach Ansicht von Stefan Glowacz: „Wir sollten die Bergwelt für die nachfolgenden Generationen so erhalten, wie wir sie jetzt vorfinden.“
Stefan Glowacz plädiert für nachhaltigen Bergsport
Genau das aber geschehe nicht, wenn Bergbahn-Unternehmen Aussichtsplattformen oder andere Attraktionen installierten, die nie mehr zurückgebaut werden könnten. Der Extremkletterer macht sich seit einiger Zeit für Nachhaltigkeit in den Bergen stark. Über seine Protestaktion gegen die Aussichtsplattform „Alpspix“ habe ich an dieser Stelle berichtet.
Olympia „eine Hutnummer zu groß“
Glowacz gehört auch zu den Kritikern der Olympia-Bewerbung Münchens für 2018. Für seinen Heimatort Garmisch-Partenkirchen, so der 45-Jährige, seien Olympische Spiele „eine Hutnummer zu groß. Der Ort wird ausgesaugt, nur zur Verfügung gestellt. Aber es bleibt nichts erhalten für die nachfolgenden Generationen.“ Womit wir wieder beim Thema wären. Als mögliches Beispiel nachhaltigen Bergsports schlägt Glowacz für Garmisch vor, auf bereits bestehenden Skipisten im Sommer Mountainbike-Downhill-Parcours mit Steilkurven zu bauen – allerdings nur aus natürlichen Materialien. „Wenn man sich nicht mehr darum kümmert, verfällt die Strecke und ist nach wenigen Monaten wieder zugewachsen.“
Bergsteigen, ohne viele Spuren zu hinterlassen
Stefan Glowacz bricht am 8. November ins Drei-Länder-Eck zwischen Venezuela, Brasilien und Britisch-Guyana auf, um erneut am Roraima-Tepui zu klettern, einem 2810 Meter hohen Tafelberg mit senkrechten Wänden aus Sandstein. Ich möchte von Stefan wissen, was an seiner Expedition nachhaltig sei. Bei seinem ersten Trip zum Roraima sei er mit seinen Begleitern zehn Tage lang durch Indianergebiet gewandert, um zum Berg zu gelangen, erzählt Glowacz (Interview zum Nachhören unter dem Artikel). Eigentlich seien Fremde dort nicht gerne gesehen, weil in der Region Gold abgebaut werde. „Wenn die Indianer uns nicht durchgelassen hätten, hätten wir die Expedition abgeblasen.“ Mit dem Hubschrauber habe er nicht zu dem Tafelberg fliegen wollen, versichert Stefan. Schließlich habe er als bekannter Kletterer auch eine Vorbildfunktion. „Wir wollen der breiten Masse an Bergtouristen eine Idee davon geben, wie man zum Bergsteigen gehen kann, ohne viele Spuren zu hinterlassen.“ Nachhaltig eben.
P.S. „Wenn er nicht so bescheiden gewesen wäre, hätte Kurt Albert eine größere Bedeutung für den Klettersport als Reinhold Messner“, sagt Stefan Glowacz über seinen verstorbenen Freund und Kletterpartner. Ich habe Stefans Würdigung zum Blogartikel über Alberts Tod gestellt.