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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Keine Aussicht auf Frühlingsgefühle in Nepal

Brennholz statt Gas oder Kerosin

Gefragt: Brennholz zum Heizen und Kochen

Wenn es eine Jahreszeit gibt, die für Optimismus steht, dann ist es der Frühling: Der Winter verzieht sich, es wird wärmer, heller, farbenfreudiger. Das verleitet dazu, sich die Welt möglicherweise schöner zu malen, als sie – nüchtern betrachtet – wirklich ist. Auch die Menschen in Nepal sehnen den Frühling herbei, in der Hoffnung auf bessere Zeiten. 2015 wurden sie gebeutelt. Erst das verheerenden Erdbeben, das nach offiziellen Angaben mehr als 8800 Menschen das Leben kostete. Und als wäre das allein noch nicht schlimm genug, seit nun schon vier Monaten die Blockade der Grenze zu Indien. Von Frühlingsgefühlen ist in Nepal derzeit noch nichts zu spüren.  

Zwiespältig

Nach wie vor sind Brennstoff, Lebensmittel und Medikamente knapp, weil der Nachschub aus Indien fehlt. Der Wiederaufbau in den Regionen, die vom Erdbeben getroffen wurden, stockt wegen der Blockade. Und auch der Tourismus leidet. Die Bedingungen für die Veranstalter von Trekkingreisen und Expeditionen sind alles andere als ideal. Bisher sei es seiner Agentur immer noch gelungen, Benzin aufzutreiben, Flüge zu gewährleisten und Essen zu organisieren, schreibt mir Manfred Häupl, Chef des deutschen Veranstalters Hauser Exkursionen, „sicher oft über den Schwarzmarkt.“ Er habe ein „ambivalentes Gefühl“ dabei, räumt Häupl ein, „weil wir Touristen schicken wollen und sollen, andererseits die Bevölkerung leidet.“

Mit zweierlei Maß

Rationierter Verkauf von Gasflaschen

Rationierter Verkauf von Gasflaschen

„Die Buchungslage hat sich längst noch nicht erholt“, sagt der Hauser-Chef. „Wir liegen noch ca. 30 Prozent unter dem Wert des Vorjahrs. Das NTB [Nepal Tourism Board – die Tourismusbehörde des Landes] unternimmt nichts, um den Tourismus anzukurbeln, vielmehr wurden nun auch noch die Eintrittsgebühren erhöht.“ Im Gegensatz dazu erhebt die nepalesische Regierung seit Jahresbeginn keine Visagebühren mehr für Besucher aus China. Vielleicht sollten die Verantwortlichen in Kathmandu auch einmal über eine solche Geste gegenüber westlichen Touristen nachdenken.

Weniger Buchungen, aber Aufwärtstrend

Auch andere große deutsche Anbieter wie der DAV Summit Club und Amical alpin verzeichnen für die anstehende Saison einen Rückgang der Buchungen für Nepalreisen in ähnlicher Größenordnung wie Hauser. „Die Buchungseingänge für das Frühjahr 2016 liegen derzeit 26 Prozent unter denen des Vorjahres“, schreibt mir Markus Herrmann, Produkt-Manager beim DAV Summit Club. Allerdings stelle sein Unternehmen eine anziehende Nachfrage für Nepalreisen fest. „Es geht deutlich aufwärts“, sagt Herrmann.

Über Kathmandu oder Lhasa?

Dominik Müller, Chef von Amical alpin, äußert sich ebenfalls vorsichtig optimistisch. So sei die für das Frühjahr angebotene Expedition zum Achttausender Makalu in Nepal „bereits gut gebucht und damit gesichert“. Der Amical-Chef verweist jedoch auf Unwägbarkeiten vor der anstehenden Saison: „Für uns als Expeditionsanbieter ist die Frage offen, ob China die Grenze zu Tibet für Expeditionen öffnet, damit wir unser Material und auch die Anreise über Nepal organisieren können. Sicherlich ist eine Anreise auch über Lhasa möglich, bedeutet aber deutlich höhere Kosten.“

Das große Schweigen

Während im Frühjahr 2015 das Erdbeben in Nepal weltweit über Wochen Schlagzeilen machte, scheint sich für den Konflikt im nepalesisch-indischen Grenzgebiet kaum jemand zu interessieren. Die Volksgruppe der Madhesi, die in der Grenzregion lebt, protestiert mit der Blockade gegen die neue Verfassung Nepals, durch die sie sich benachteiligt fühlt. Die Regierung in Kathmandu beschuldigt Indien, die Blockade aktiv zu unterstützen, die Verantwortlichen in Neu Delhi bestreiten dies.
Ende November äußerte sich UN-Generalsekretär Ban Ki-moon besorgt über die Auswirkungen der Blockade auf die Hilfsaktionen in Nepal und unterstrich das Recht des Landes auf freien Transit. Er rief alle beteiligten Parteien auf, ihre Differenzen beizulegen.
Von den westlichen Regierungen ist zu dem Konflikt bisher so gut wie nichts zu hören. Meine Anfrage an das Auswärtige Amt in Berlin, wie die Bundesregierung zu dem Problem stehe, ob sie schon auf Indien eingewirkt habe oder beabsichtige, dies zu tun, blieb bisher unbeantwortet.

Datum

13. Januar 2016 | 18:43

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