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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Paul Ramsden: „Beim Klettern ist der Stil alles“

Paul Ramsden

Er ist alles andere als ein Selbstdarsteller. Paul Ramsden gehört nicht zu den Extrembergsteigern, die sich vermarkten wollen und darauf aus sind, ständig im Rampenlicht zu stehen. Dabei hätte er es durchaus verdient – die Liste seiner Erstbegehungen im Himalaya ist lang. So durchstieg der Brite im Herbst 2016 zusammen mit seinem Landsmann Nick Bullock erstmals die extrem anspruchsvolle Nordwand des 7046 Meter hohen Nyainqentangla South in Tibet. Dafür wurde er kürzlich mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet. Es war bereits das vierte Mal, das Ramsden den „Oscar der Kletterer“ erhielt. Und das, obwohl der 48-Jährige kein Profibergsteiger ist. Er verdient sein Geld als selbständiger Arbeitshygieniker, der Unternehmen berät und Gutachten erstellt.

Paul, du bist kein Profibergsteiger, hast einen Job und eine Familie. Was motiviert dich, Jahr für Jahr in entlegene Regionen des Himalaya aufzubrechen, um unbestiegene Berge, Wände oder Grate anzugehen?

Ich liebe die Berge, so einfach ist das. Aber da ich nicht in den Bergen lebe oder arbeite, verbleibt meine Begeisterung für die Zeit, in denen ich sie besuche. Kurioserweise finde ich es schwieriger, bei all den Verpflichtungen durch Familie und Arbeit einfach mal am Wochenende zum Klettern zu fahren, als einmal im Jahr auf Expedition zu gehen.

Was macht für dich echtes Abenteuer aus?

Gipfelselfie von Paul (l.) mit Nick Bullock (r.)

Echtes Abenteuer bedeutet, nicht zu wissen, wie es ausgeht. Wenn der Erfolg ungewiss ist, erlebst du ein Abenteuer. Allerdings ist für mich das Abenteuer so eng mit dem Kletterstil verbunden, dass diese beiden Dinge untrennbar sind. Die britische Klettertradition ist immer so gewesen.

Wie wichtig ist es für dich, in sauberem Stil zu klettern?

Stil ist alles, ohne einen sauberen Stil wird Klettern zu einer bedeutungslosen körperlichen Aktivität. Guter Stil bedeutet für mich, im reinen Alpinstil zu klettern, kleines Team, keine Bohrhaken, keine Fixseile, keine Unterstützung von außen.

Wieviel Risiko bist du bereit einzugehen?

Ich bemühe mich wirklich, die Risiken auf ein Minimum zu reduzieren. Ich bin sehr wählerisch, wenn ich mich für eine Route entscheide. Dafür schätze ich immer die objektiven Gefahren ein, und die Möglichkeiten, wieder herunterzukommen. Das Risikomanagement in meinem Kopf ist ein stetiger Prozess und schwierig zu beschreiben, aber ich bin schon auf vielen Routen umgekehrt.

Die Route am Nyainqentangla South East

Worin liegt dein Erfolgsgeheimnis?

Wenn ich ehrlich sein soll, ich weiß es nicht. Ich denke, es ist vielleicht eine Kombination aus Erfahrung, Urteilsvermögen und Klettern in einem Stil, der meinen Fähigkeiten und meinem Temperament entspricht.

Du bist über viele Jahre mit Mick Fowler geklettert, nun mit Nick Bullock. Welche Kriterien muss ein perfekter Teampartner erfüllen?

Der perfekte Teampartner ist sicherheitsbewusst, hat eine gute Portion Humor (der britische Humor hilft in den Bergen sehr), ist aber auch darauf vorbereitet, das Maximum zu geben, wenn es darauf ankommt.

Bei Mick wurde in diesem Jahr Krebs diagnostiziert. Was hast du empfunden, als du davon erfahren hast?

Das war ein richtiger Schlag, eine totale Überraschung, weil er sehr gesund zu sein schien und mir immer unverwüstlich vorkam. Er hat seine Krebstherapie gerade abgeschlossen, und hoffentlich wird alles wieder gut. Da machst du dir schon Gedanken über die Zukunft und führst dir all die Dinge vor Augen, die du noch nicht geschafft hast.

Piolet-d’Or-Gewinner Ramsden (l.) und Mick Fowler (r.)

Du bist schon viermal mit dem Piolet d’Or, dem „Oscar der Bergsteiger”, ausgezeichnet worden, damit bist du der Rekordgewinner (mit Marko Prezelj). Bedeutet dir das irgendetwas?

Auf der einen Seite ist es ganz angenehm, von euch Kollegen wahrgenommen zu werden, andererseits hat es praktisch keinen Einfluss auf mein Leben. Da ich kein Profi, sondern ein Teilzeit-Kletterer bin, brauche ich wirklich weder Sponsoring noch Öffentlichkeit. Allerdings unterstütze ich den Piolet d’Or als ein Instrument, um Ethik und Stil im Bergsteigen zu fördern.

Hast du dir schon ein Kletterziel für das nächste Jahr gesetzt?

Ja, ich werde 2018 erneut mit Nick Bullock auf Expedition gehen. Allerdings bevorzuge ich es, meine Ziele geheim zu halten!

Datum

14. Dezember 2017 | 16:16

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