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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Wenn der Gletscher schmilzt

Tsho Rolpa

Der Tsho Rolpa in Nepal

Nepal hat ein Gletscherproblem. In den vergangenen drei Jahrzehnten sind die 3808 Gletscher in dem Himalaya-Land um etwa ein Viertel geschrumpft. Durch die verstärkte Schmelze sind einige Gletscherseen entstanden, die Wissenschaftler für tickende Zeitbomben halten. Einer der größten von ihnen, der gut 100 Kilometer nordöstlich von Kathmandu gelegene Tsho Rolpa, wird inzwischen auf 90 bis 100 Millionen Kubikmeter Wasser geschätzt. Sollte sein natürlicher Staudamm bersten, hätte dies verheerende Folgen. Die nepalesische Haupstadt ist in dieser Woche Gastgeber eines internationalen Kongresses, bei dem sich mehr als 200 Wissenschaftler aus aller Welt darüber austauschen, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Hochgebirge Asiens hat – also nicht nur auf den Himalaya, sondern auch auf Karakorum, Hindukusch, Tien Shan, Pamir und das tibetische Hochplateau.

Derzeit mehr Wasser …

Doris Düthmann

Doris Düthmann

Zu den Wissenschaftlern, die in Kathmandu ihre Forschungsergebnisse präsentieren, gehört auch die Deutsche Doris Düthmann. Die Hydrologin vom Helmholtz-Zentrum Potsdam untersucht den Wasserhaushalt am Oberlauf des Tarim. „Dort haben die Abflüsse über die letzten 40 Jahre sehr stark zugenommen, weil die höheren Temperaturen zu einer stärkeren Gletscherschmelze geführt haben“, sagt mir die Wissenschaftlerin (vor ihrer Abreise nach Nepal). Der Tarim ist über 2000 Kilometer lang und damit der längste Fluss Zentralasiens. Er liegt nördlich der Wüste Taklamakan  und wird unter anderem von den Gletscherabflüssen des Tien Shan-Gebirges gespeist, zu dem die Siebentausender Pik Pobedy (7439 Meter) und Khan Tengri (7010 Meter) gehören. Gerade die trockene Region am Rande der Taklamakan ist abhängig von dem Wasser aus dem Gebirge. In den vergangenen Jahrzehnten wurde der Tarim immer mehr angezapft, um Felder zu bewässern. Die starken Gletscherabflüsse machten es möglich.

… später weniger

„Die Menschen dort rechnen damit, dass es auch in Zukunft so bleibt, aber das wird irgendwann nicht mehr der Fall sein“, sagt Düthmann voraus. „Man lebt von der verstärkten Gletscherschmelze. Diese wird nicht dauerhaft sein, weil die Schmelze an den Gletschern zehrt. Im nördlichen Tien Shan sind die Eisflächen schon jetzt 30 Prozent geringer als noch vor 30, 40 Jahren.“ Mit anderen Worten: Immer weniger Eis ist vorhanden, das noch schmelzen kann. Das Wasser wird irgendwann knapp. Es sei schwierig, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen, sagt die Hydrologin. Auf der einen Seite stünden die Staaten am Oberlauf des Flusses  wie Kirgistan oder Tadschikistan, die das Gebirgswasser vor allem nutzten, um Strom zu erzeugen, auf der anderen Seite die Länder am Unterlauf wie Usbekistan und Turkmenistan, die sehr viel Wasser entnähmen, um ihre Felder zu bewässern. „Es gibt viel Konfliktpotential beim Thema Wasser“, sagt Doris Düthmann. Umso wichtiger ist es, miteinander zu reden – wie bei der Konferenz in Kathmandu.

Datum

2. März 2015 | 18:39

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