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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Bergsteigen für den Klimaschutz

Heidi Sand (© AthletenWerk/Bob Berger)

Heidi Sand (© AthletenWerk/Bob Berger)

Heidi Sand weiß, wie es ist, einen aussichtslos erscheinenden Kampf anzunehmen. „Seit meiner Krebserkrankung habe ich ein besonderes Verhältnis zu Wahrscheinlichkeiten und Chancen“, schreibt mir die 49 Jahre alte deutsche Bergsteigerin und Bildhauerin. „Man muss an sich glauben und sollte die Chance auch noch so gering sein, alles daran setzen, sie zu nutzen.“ 2010 wurde bei Heidi Darmkrebs in fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert. Sie nahm den Kampf an. Zwei Jahre später bestieg sie den Mount Everest. 2013 ließ sie mit dem Cho Oyu ihren zweiten Achttausender folgen. Im Jahr danach waren Sand und Billi Bierling die beiden ersten deutschen Frauen auf dem Gipfel des Makalu. Jetzt engagiert sich Heidi für das Klimaschutz-Projekt „25zero”. Das Team um den australischen Abenteurer Tim Jarvis will während des bevorstehenden Klimagipfels in Paris auf die Folgen des Klimawandels für 25 noch vergletscherte Gipfel am nullten Breitengrad, sprich dem Äquator, aufmerksam machen. Wenn jetzt nichts geschehe, so Jarvis, werde auf diesen Bergen spätestens in 25 Jahren kein Eis oder Schnee mehr liegen. Deshalb „25Null“.

Sechs Gipfel auf drei Kontinenten

Mount Stanley

Mount Stanley

Wenn ab Montag kommender Woche in Paris über ein neues Klimaschutzabkommen verhandelt wird, steigen mehrere Teams für das Projekt auf sechs der Gipfel in Äquatornähe mit schwindenden Eisflächen: die Carstensz-Pyramide (4884 Meter) in Indonesien, den Mount Stanley (5109 Meter) in Uganda, den Mount Kenya (5199 Meter) und den Kilimandscharo (5895 Meter) in Tansania sowie den Chimborazo (6268 Meter) in Ecuador und den Nevado del Tolima (5215 Meter) in Kolumbien. Mit Liveberichten und Bildern von diesen Bergen wollen die Abenteurer den Entscheidungsträgern in Paris vor Augen führen, wie dramatisch die Lage bereits ist. “Ich habe mich für den Mount Stanley entschieden, da das Ruwenzori-Gebirge besonders schlimm vom Klimawandel betroffen ist”, sagt Heidi. Mit ihr werden „25zero”-Gründer Jarvis und der Brite Ed Wardle aufsteigen. Jarvis gelang 1999 mit seinem australischen Landsmann Peter Treseder die damals schnellste Expedition zum Südpol ohne Unterstützung von außen. Auch danach sorgte der Australier mit verschiedenen Expeditionen in der Arktis und Antarktis für Schlagzeilen. Wardle ist ein Filmemacher und Bergsteiger, der  schon dreimal auf dem Everest stand.

Gletscher auf dem Rückzug

Es dürfe keine weitere Zeit verschenkt werden, meint Heidi Sand. „Wenn man in unseren Alpen z. B. in Grindelwald unterwegs ist, sieht man es ganz deutlich. Vor 100 Jahren zog sich der große Grindelwald-Gletscher noch bis ins Dorf. Heute ist der Gletscher so weit abgeschmolzen, dass man vom Dorf sechs Stunden hinaufwandern muss“, sagt Heidi. „Auch die Nordwände in den Alpen glichen dieses Jahr eher Südwänden – so gut wie kein Eis oder Schnee in den Wänden. Deshalb musste ich auch mein großes Projekt, die Eiger-Nordwand, auf nächstes Jahr verschieben.“

Optimistin

Immer wieder sind in der Vergangenheit Klimakonferenzen gescheitert. Viel mehr als heiße Luft kam am Ende nicht heraus. Was macht Heidi zuversichtlich, dass es in Paris anders enden könnte? „Wenn ich nicht an den Erfolg glauben würde und nicht eine optimistische Grundeinstellung hätte, die mir das Erreichen meiner Ziele ermöglicht, wäre ich nicht Teil von ‚25zero‘“, antwortet Heidi Sand. „Wir alle haben den Glauben daran und den Optimismus, unseren Teil zu einer besseren Welt beizutragen.“

Datum

25. November 2015 | 13:01

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