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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Wieviel Öko ist drin?

Müll am Südsattel

Ein bisschen Recherche täte gut. Seit Tagen lese ich – nicht nur in Boulevard-Zeitungen – Schlagzeilen wie „Putzfimmel oder was? Zwei Deutsche räumen den Mount Everest auf“ oder „Frühjahrsputz am Mount Everest“. Die Rede ist von den beiden Aachener Bergsteigern Paul Thelen (68) und Eberhard Schaaf (61), die sich in den nächsten Tagen auf den Weg zum höchsten Berg der Erde machen, um … ja was eigentlich? Natürlich um den Everest zu besteigen. Die beiden machen daraus auch gar keinen Hehl, aber offenbar finden die Medien die Putznummer interessanter.

Kommerziell mit Öko-Anspruch

Thelen und Schaaf haben sich – wie Hunderte andere Bergsteiger in diesem Frühjahr – in eine kommerzielle Expedition zum Everest eingekauft. Einziger Unterschied zu anderen Veranstaltern: Die „Eco Everest Expeditionen“ (EEE), die es seit 2008 gibt, haben sich den Umweltschutz auf die Fahne geschrieben. Jahr für Jahr sammeln die EEE-Teammitglieder beim Abstieg jeweils ingesamt rund 5000 Kilogramm Müll von den Hängen des Bergs und lassen den Unrat abtransportieren. Das ist löblich, sollte aber nicht verschleiern, dass auch hinter diesen Expeditionen in erster Linie der (legitime) Wunsch steht, Geld zu verdienen. Und dafür ist es wichtig, zahlende Kunden wie die beiden Aachener auf den höchsten Punkt zu bringen. Aber Öko lässt sich eben besser vermarkten.

Auflagen für Expeditionen

Müllsammlung, Sammelmüll

Seit Jahrzehnten zieht sich die Schlagzeile „Höchste Müllkippe der Welt“ wie ein Mantra durch die deutsche Medienlandschaft. Kaum einer macht sich jedoch die Mühe, die Angaben zu überprüfen. Schon lange muss jede Expedition zum Mount Everest bei der Anreise eine Müll-Kaution von mehreren tausend US-Dollar hinterlegen. Erst wenn die Bergsteiger nachweisen, dass sie den wiederverwertbaren Unrat zurückgebracht und Bio-Abfall verbrannt oder regelgerecht entsorgt haben, erhalten sie das Geld zurück. Früher wurden Sauerstoff-Flaschen achtlos weggeworfen. Heute sind sie teuer und nachfüllbar, was dafür sorgt, dass die Veranstalter ein Interesse daran haben, die Flaschen wieder mitzunehmen.

Alter Müll tritt zutage

Natürlich gibt es noch immer zu viel Müll am Mount Everest. Häufig sind das Altlasten aus der Zeit, als man sich noch keine Gedanken über Umweltschutz machte. Lange haben die Schnee- und Eismassen den Unrat versteckt. Jetzt lässt der Klimawandel auch am Everest die Gletscher schmelzen und sorgt dafür, dass der Müll wieder zutage tritt. Es gibt also genug Abfall einzusammeln. Aber bitte, bitte, lasst die Kirche im Dorf und tut nicht so, als würde die Öko-Selbsthilfegruppe einen Betriebsausflug machen und nur so ganz nebenbei auch den Mount Everest besteigen!

P.S. Und wo wir schon beim Thema „Subtile Eigenwerbung“ sind, dürft ihr mal hier klicken. 🙂

Datum

29. März 2012 | 12:17

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