Bergfeuer
Bergsteigen in Großbritannien hat eine große Tradition. Britische Bergsteiger und Expeditionen schrieben Alpingeschichte, ob in den Alpen, im Himalaya oder sonst wo: Edward Whymper, der Erstbesteiger des Matterhorns im Jahr 1865; Albert Mummery, der 1895 verschollene Nanga-Parbat-Pionier; George Mallory und Andrew Irvine, die 1924 im Gipfelbereich des Mount Everest verschwanden; Dougal Haston und Doug Scott, die 1975 als Erste die Südwestwand des Everest meisterten; Chris Bonington, der legendäre Bergsteiger und Expeditionsleiter. Sie alle waren oder sind (Scott, Bonington) Briten. Das gilt gefühlt sogar beinahe für die Erstbesteiger des Everest, den Neuseeländer Edmund Hillary und den Nepalesen Tenzing Norgay. Sie gehörten 1953 schließlich zu einer britischen Expedition und wurden nach ihrem Erfolg dementsprechend vereinnahmt. Briten sind eben stolz auf ihre Bergsteiger. Kein Wunder also, dass jetzt das Paralympische Feuer in den Bergen entzündet wurde.
Aus vier mach‘ eins!
Vier Gruppen aus Bergführern, Pfadfindern und Behindertensportlern bestiegen die höchsten Berge von Nordirland (Slieve Donard, 850 Meter), Schottland (Ben Nevis, 1344 Meter), Wales (Snowdon, 1085 Meter) und England (Scafell Pike, 978 Meter). Auf den Gipfeln rieben sie Feuersteine aneinander und entzündeten damit je eine Fackel. Diese vier geschützten Flammen werden nun nach Stoke Mandeville gebracht, einem kleinen Ort nahe London, in dem 1948 erstmals parallel zu Olympischen Spielen Behindertensportler gegeneinander antraten. Am Geburtsort der Paralympics werden die vier Flammen vom Berg am kommenden Dienstag zu einer einzigen vereint. 540 Fackelläufer, jeweils in Fünfer-Teams, tragen sie dann einen Tag lang durch die Straßen Londons zur Eröffnungsfeier im Olympiastadion.
Topkletterer mit Behinderung
„Wer in London paralympischen Sport erstmals sieht, wird sicher vom Hocker gehauen“, prophezeit Sebastian Coe. Der Cheforganisator der Olympischen Spiele 2012 hatte sich der Gruppe auf dem Snowdon angeschlossen. Auf dem Ben Nevis, dem höchsten Berg nicht nur Schottlands, sondern ganz Großbritanniens, stand gestern auch Kevin Shields. Der 1978 in der schottischen Region Ayrshire geborene Kletterer ist Epileptiker. Seit seiner Geburt fehlen ihm an der linken Hand bis auf den Daumen alle Finger. Trotzdem hat er schwierige Routen im Fels gemeistert und ist als erster behinderter Sportler beim Eiskletter-Weltcup angetreten. „Das war eine große Ehre, bei der Entzündung der Paralympischen Flamme dabei gewesen zu sein“, sagte Kevin. „Der Ben Nevis ist ein Platz von so einzigartiger Schönheit – wie geschaffen für einen Moment, den man nur einmal erlebt.“