Brice: „Natürlich kehre ich zum Everest zurück“
Im Frühjahr 2012 zog Russell Brice die Notbremse. Weil ihm die Verhältnisse im Khumbu-Eisbruch und auch in der Lhotse-Flanke zu heikel waren, packte der wohl erfahrenste Veranstalter kommerzieller Expeditionen zum Mount Everest vorzeitig die Koffer und erklärte die Expedition für beendet. „Die Gefahr liegt deutlich über dem, was ich verantworten kann“, meinte Brice, der seit 1974 Expeditionen in den Himalaya führt. Für das Frühjahr 2013 hat seine Agentur Himalayan Experience den Aufstieg zum Mount Everest von der Südseite her wieder im Angebot. Ich habe bei dem 60 Jahre alten Neuseeländer per Email nachgefragt:
„Russell, im vergangenen Jahr hast du deine Everest-Expedition wegen der gefährlichen Bedingungen und der Menge an Bergsteigern in der Route abgebrochen. Das wird sich aller Voraussicht nach in dieser Saison kaum ändern. Was hat dich trotzdem motiviert zurückzukehren?
Ich habe die Expedition wegen der gefährlichen Bedingungen abgebrochen und nicht wegen des großen Auflaufs an Bergsteigern. Den können wir als Veranstalter miteinander regeln. Ich erwarte auch nicht, dass die Bedingungen in diesem Jahr so schlecht sind wie im vergangenen. Ich glaube, das letzte Jahr war ein besonderes, wegen des Schneemangels und des Steinschlags. Ich habe noch immer Kunden, die den Everest besteigen und mit einem zuverlässigen Veranstalter unterwegs sein wollen. Deshalb werde ich selbstverständlich in diesem Jahr dorthin zurückkehren. Ich habe auch eine Verantwortung, den Menschen in Nepal Arbeit zu verschaffen.
Glaubst du, dass es möglich ist, die Risiken auf ein verantwortbares Maß zu reduzieren?
Den Everest zu besteigen oder in dieser Hinsicht auch jeden anderen Berg der Erde, schließt auch ein Risiko mit ein. Wichtig ist, wie man damit umgeht. Wir können nicht die Umwelt verändern, aber wir können verändern, wie wir als Bergsteiger reagieren.
Du hast viele Jahre lang Expeditionen auf der tibetischen Seite des Mount Everest angeboten. Warst du versucht, nach deinen Erfahrungen 2012 auf der Südseite zur Nordseite zurückzukehren?
Nein, nicht wirklich. Die politische Lage auf der tibetischen Seite ist nicht gerade stabil. Ich kümmere mich lieber um die natürlichen Verhältnisse als um die politischen.
Nachdem im Frühjahr 2012 am Everest zehn Menschen starben, forderten prominente Bergsteiger, die Zahl der Kletterer zu begrenzen – etwa, indem nur noch derjenige eine Genehmigung für den Everest erhält, der die Besteigung eines anderen Achttausenders nachweisen kann. Was hältst du von diesen Vorschlägen?
Wir haben uns bei den Behörden viele Jahre lang für diese Ideen eingesetzt, nicht erst seit dem letzten Jahr. Aber es ist eine Sache, Dinge vorzuschlagen, und eine andere, dass die Behörden auch wirklich zuhören und die Regeln ändern.“
P.S. Ich bin wiederholt gebeten worden, meine Blog-Artikel auch in Englisch anzubieten. Das wird aus Zeitgründen sicher nicht immer möglich sein, aber wenigstens ab und zu. Also wundert euch nicht, wenn ihr künftig einige Artikel „doppelt“ seht. Und auch nicht, wenn einige Formulierungen holprig sind. Mein Englisch reicht aus, damit ich nicht verhungere. 😉