More DW Blogs DW.COM

Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Diskussion um neue Everest-Route

Gefährlicher Eisbruch

Gefährlicher Eisbruch

Egal wie wahrscheinlich etwas ist, es kann auch anders kommen. Über viele Jahre glaubten die meisten Bergsteiger auf der nepalesischen Seite des Mount Everest, dass die Route durch den Khumbu-Eisbruch, die auf der von unten gesehen linken Seite direkt unterhalb der Westschulter entlang führte, sicher sei. Bis sich am 18. April 2014 eine gewaltige Eislawine löste, in der 16 Nepalesen ums Leben kamen. Die Sherpas begehrten anschließend auf, die Saison war beendet, bevor sie richtig begonnen hatte. In diesem Frühjahr soll die Route verlegt werden, weiter weg von der Westschulter, etwa 40 Meter weiter in die Mitte des Eisbruchs. Ang Dorjee Sherpa, Präsident des für die Einrichtung der Route zuständigen Sagarmatha Pollution Control Comitee (SPCC), sagte der Himalayan Times, er erwarte, dass die zahlenden Everest-Kunden drei bis vier Stunden länger im Eisbruch unterwegs seien als bisher. Der neue Weg sei zwar lawinensicherer, aber auch schwieriger. Nicht alle sind davon überzeugt, dass dies der Weisheit letzter Schluss ist.

Wirklich sicherer?

„Das ist keine Lösung. Es ist ein Vorwand, um den Status Quo beizubehalten“, twittert der US-Expeditionsleiter Adrian Ballinger. Der Chef des Veranstalters Alpenglow hat als Reaktion auf die Geschehnisse des vergangenen Jahres Nepal bewusst den Rücken gekehrt und bietet in diesem Frühjahr eine Everest-Expedition auf der tibetischen Nordseite an. Dort wird er auch Dominik Müller treffen, den Chef des deutschen Veranstalters Amical alpin, der ebenfalls mit einer Gruppe von Norden aus aufsteigen will.

Er sei „sehr skeptisch, ob diese Route unterm Strich so viel sicherer ist“, antwortet mir Dominik auf meine Frage, was er von der neuen Routenführung auf der nepalesischen Seite hält. „Man versucht jetzt mit aller Gewalt, den Aufstieg als so sicher wie möglich zu verkaufen!“

Back to the roots

Müller erinnert daran, dass die Route durch den Eisbruch früher schon einmal durch die Mitte führte. In diesem Becken bewege sich der Gletscher aber deutlich schneller und sei damit auch unberechenbarer. Wegen der zunehmenden Gletscherschmelze habe man sich damals entschlossen, mehr an den Rand auszuweichen. Aus Sicherheitgründen. „Also back to the roots, ohne auf die Veränderung des Gletschers zu schauen?“ Dominik erwartet eine beträchtliche Gefahr für die Icefall-Doctors, wenn jene Sherpas die Route durch die Mitte des Eisbruchs einrichten. Und sie hätten deutlich mehr Arbeit, um den Weg durch das Eislabyrinth während der Saison instandzuhalten, weil sich der Gletscher in der Mitte schneller bewege. Mehr Leitern, Firnanker und Fixseile würden benötigt.

Schwieriger Spagat

Dominik Müller, Chef von Amical alpin

Dominik Müller, Chef von Amical alpin

„Ich gehe davon aus, dass dadurch die Kosten steigen werden, bei einer gleichzeitig rückläufigen Anzahl an Bergsteigern, die über die Südseite aufsteigen wollen“, sagt Dominik. Es werde schwierig, bei der Routenwahl den Spagat zu schaffen: „So weit wie möglich in der Mitte und damit genügend Sicherheitsabstand zur Flanke des Everest, andererseits so nah wie möglich an der Flanke, wo die Fließgeschwindigkeit des Gletschers geringer ist. Wenn es klappt, ist es ein guter und notwendiger Schritt um die Südseite wieder attraktiver und sicherer zu machen.“ Schwer zu sagen, wie wahrscheinlich das ist.

Datum

19. Februar 2015 | 17:45

Teilen