Ziemlich weit rechts
Offenbar ist die neue Route durch den Khumbu-Eisbruch doch mehr als nur eine kleine Kurskorrektur. Die Bilder, die der US-Amerikaner Garrett Madison in seinem Blog veröffentlich hat, sprechen jedenfalls dafür. Mitglieder seines Teams von Madison Mountaineering waren mit dem Hubschrauber über den Eisbruch oberhalb des Everest-Basislagers geflogen und hatten sich aus der Luft angesehen, wo die so genannten „Icefall Doctors“ die Route für diese Frühjahrs-Saison eingerichtet haben. Danach führt sie – von unten gesehen – deutlich weiter rechts durch das Eislabyrinth als erwartet: Näher am Nuptse, weiter weg von der Everest-Westschulter, von der sich am 18. April letzten Jahres die Eislawine gelöst hatte, bei der 16 Nepalesen ums Leben gekommen waren. „Es scheint, als müssten die Bergsteiger wie zuvor mit gebrochenem Eis zurecht kommen, und vielleicht mit mehr senkrechten Leitern“, schreibt Garrett. An einer Stelle hätten die „Icefall Doctors“ vier Leitern zusammengebunden, um eine Eisstufe zu überwinden. In diesem Jahr hat der fünfmalige Everest-Besteiger und Filmemacher David Breashears aus den USA die acht Sherpas dabei beraten, einen möglichst sicheren Weg durch den Eisbruch zu finden.
Umweltschutzorganisation mit besonderer Aufgabe
Die „Icefall Doctors“ richten die Route nicht nur ein, sondern sorgen auch dafür, dass sie die gesamte Saison über begehbar bleibt. Ohne ihre Arbeit wäre der Massenansturm am Everest nicht zu bewältigen. Ausgewählt und bezahlt werden diese Sherpas vom Sagarmatha Pollution Control Commitee (SPCC), einer Organisation, die sich ursprünglich nur um den Umweltschutz im Everest-Nationalpark kümmerte. Seit 2000 ist das SPCC im Auftrag der Regierung Nepals auch für die Route durch den Khumbu-Eisfall zuständig. Dafür kassiert das SPCC 600 US-Dollar je Expeditionsmitglied, ein inzwischen sehr wichtiger Bestandteil seiner Einkünfte.
Unverzichtbar, gefährdet, unterbezahlt
„Unglücklicherweise wird dieses Geld nicht dafür genutzt, um die ‚Icefall Doctors‘ angemessen zu bezahlen oder um es in Material für den Eisbruch zu stecken“, monierte der neuseeländische Expeditionsveranstalter Russell Brice im vergangenen Jahr. Jene Sherpas, die das größte Risiko tragen, weil sie sich täglich im Gletscher bewegen müssen, verdienen umgerechnet rund 2000 Dollar pro Saison. Zum Vergleich: Climbing Sherpas können es inklusive Gipfelprämien und Trinkgelder auf 4000 bis 6000 Dollar bringen, jene, die mehrfach den höchsten Punkt erreichen, auf bis zu 10.000 Dollar. „Sherpa-Stars“ tragen in einer erfolgreichen Everest-Saison angeblich sogar 25.000 Dollar nach Hause.
Nachfrage nicht eingebrochen
Die Regierung in Kathmandu hat nach eigenen Angaben in diesem Jahr für 30 Expeditionen Permits ausgestellt, rund 300 ausländische Bergsteiger werden sich am höchsten Berg der Erde versuchen und von der nepalesischen Südseite her aufsteigen. Damit steht schon jetzt fest, dass der Everest-Markt in Nepal trotz des Lawinenunglücks vor einem Jahr und des darauf folgenden vorzeitigen Endes der Klettersaison 2014 nicht eingebrochen ist.