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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Habeler: „Geht nach Nepal – aber nicht alle zum Everest!“

Peter Habeler beim Kölner Alpintag

Peter Habeler beim Kölner Alpintag

Die 73 Lebensjahre, die er inzwischen auf dem Buckel hat, sieht man Peter Habeler nicht an. Schlank, drahtig, braungebrannt – eben einer, der immer noch viel in den Bergen unterwegs ist. Er wiederhole derzeit mit Freunden viele Touren in den Alpen, die er in jungen Jahren geklettert sei, erzählt mir der Österreicher aus Mayrhofen im Zillertal, als ich ihn am vergangenen Wochenende beim Kölner Alpintag in Leverkusen treffe: „Es geht mir Gott sei Dank körperlich sehr gut. Aber da beißt sich ja die Katze in den Schwanz: Wenn man viel trainiert und macht, ist man eben auch in besserer konditioneller Verfassung.“ Auch 37 Jahre, nachdem er zusammen mit Reinhold Messner erstmals den Mount Everest ohne Flaschensauerstoff bestieg, lässt ihn der höchste Berg der Erde nicht los – natürlich auch, weil er als einer der Pioniere immer danach gefragt wird.

Unglücke „hausgemacht“

Im Khumbu-Eisbruch

Im Khumbu-Eisbruch

„Es war gut, dass der Berg heuer seine Ruhe hatte“, sagt Habeler, als ich anspreche, dass 2015 erstmals seit 1974 wieder ein Everest-Jahr ohne Gipfelerfolge bleibt: „Der Everest hat tausend Leute einfach nicht verdient.“ Unter den zahlreichen Gipfelanwärtern, so Habeler, seien viele, die dem Berg nicht gewachsen seien. Die Lawinenunglücke der beiden vergangenen Frühjahre seien deshalb gewissermaßen „hausgemacht“, findet der Österreicher.
Die Passage im Khumbu-Eisbruch, an der 2014 eine Eislawine 16 Nepalesen das Leben kostete, sei schon zu seiner aktiven Zeit eine „äußerst sensible Stelle“ gewesen, sagt Habeler: „Als Reinhold (Messner) und ich 1978 durch den Eisbruch stiegen, sind wir und auch alle anderen im rechten Teil geblieben. Auch im Jahr 2000, als ich noch einmal dort war, haben wir die linke Seite gemieden, weil sie zu gefährlich war.“
Das Lawinenunglück im vergangenen Frühjahr, bei dem im Basislager 19 Menschen starben, habe sich ebenfalls nicht ohne Vorwarnung ereignet. Dass die vom Erdbeben ausgelöste Lawine überhaupt das Basislager erreicht habe, liege auch daran, dass sich die Zeltstadt, so Habeler, „wie ein Tatzelwurm“ (Fabeltier im Alpenraum) immer mehr Richtung Pumori ausgebreitet habe: „Man wusste schon seit vielen Jahren, dass von diesem Berg häufig Lawinen abgehen.“

Zahl der Everest-Anwärter begrenzen

Habeler (r.) und Messner (1975, nach der Besteigung des Gasherbrum I im Alpinstil)

Habeler (r.) und Messner (1975, nach der Besteigung des Gasherbrum I im Alpinstil)

Habeler spricht sich dafür aus, die Zahl der Bergsteiger am Everest zu begrenzen, bewertet die Chancen jedoch als gering: „Der Tourismus ist nun einmal das Zugpferd Nummer eins in Nepal. Es wird sehr schwer sein, ausgerechnet am Everest ein Exempel zu statuieren, weil es hier um viel Geld geht. Es ist zwar in der Summe nicht wahnsinnig viel, was durch die Besteigungsgebühren hereinkommt, aber Nepal ist eines der ärmsten Länder der Welt. Da hilft jeder Dollar oder Cent. Dennoch sollte man ein Limit zumindest für den Everest setzen.“

Im nächsten Jahr wieder nach Nepal

Fast 70-mal sei er inzwischen in Nepal gewesen, erzählt Habeler. Er habe dort viele Freunde und versuche, nach dem verheerenden Erdbeben vom letzten Frühjahr zu helfen, wo es möglich sei. Im nächsten Jahr will Habeler wieder nach Nepal reisen und ruft alle Bergfreunde auf, es ihm gleichzutun, um das Land zu unterstützen. „Ich plädiere hundertprozentig dafür: Geht nach Nepal!“, sagt Peter Habeler und schiebt lächelnd nach: „Es müssen ja nicht alle zum Everest gehen.“

Datum

28. Oktober 2015 | 16:15

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