Bravo, Everest-Ladies!
Power-Frauen auf dem Mount Everest. Unter der Handvoll Bergsteiger, die bisher in dieser Frühjahrssaison ohne Flaschensauerstoff den 8850 Meter hohen Gipfel erreichten, waren auch zwei Frauen: Melissa Arnot und Carla Perez. Vor ihnen war dieses Kunststück erst sechs anderen Bergsteigerinnen gelungen: Lydia Bradey (Neuseeland, 1988), Alison Hargreaves (Großbritannien, 1995), Francys Arsentiev (USA 1998, sie starb jedoch beim Abstieg), La Ji (China, 2004), Nives Meroi (Italien, 2010) und Gerlinde Kaltenbrunner (Österreich, 2010).
Feste Größe am Everest
Melissa Arnot ist also die erste US-Amerikanerin, die ohne Atemmaske den Gipfel des Everest erreichte und auch wieder lebend zurückkehrte. Sie stieg über die tibetische Nordseite auf. Die 32-Jährige ist inzwischen eine feste Größe am höchsten Berg der Erde, sie arbeitete dort auch als Bergführerin. Es war bereits Melissas sechster Erfolg am Everest nach 2008, 2009, 2010, 2012 und 2013. Bei ihren ersten fünf Besteigungen, alle über die Normalroute auf der nepalesischen Südseite, hatte Arnot Flaschensauerstoff benutzt. 2013 war sie im Everest-Hochlager Zeugin der Angriffe wütender Sherpas gegen die europäischen Topbergsteiger Ueli Steck und Simone Moro geworden. Mutig hatte sich Melissa zwischen die Parteien gestellt und versucht, den Streit zu schlichten.
Traum erfüllt
Wie Arnot bestieg auch die 33 Jahre alte Ecuadorianerin Carla Perez den Everest von Norden aus. Sie war die erste Frau aus ihrem südamerikanischen Heimatland auf dem höchsten Punkt der Erde – und dann auch noch ohne Atemmaske. „Vor ein paar Stunden waren wir auf dem Gipfel des Mount Everest“, schrieb Carla auf Facebook. „Ohne Sauerstoff, erschöpft, ohne zu wissen, wie wir es hier herauf geschafft haben, aber glücklich, unseren Traum erfüllt zu haben.“ Für Perez war es ihr dritter Achttausender nach dem Manaslu 2012 und dem Cho Oyu 2014. Auch dort hatte sie auf Flaschensauerstoff verzichtet.
Starke Sherpani
Weitere Ausrufezeichen am Everest setzten zwei Sherpani – auch wenn sie Atemmasken trugen. Lhakpa Sherpa bestieg den höchsten Berg – wie berichtet – bereits zum siebten Mal. Die 42-Jährige, die in Nepal geboren wurde und in den USA lebt, bleibt damit weiterhin die Frau mit den meisten Everest-Besteigungen.
Maya Sherpa stand zum dritten Mal auf dem Gipfel. Sie war die einzige Frau unter den Climbing Sherpas auf der nepalesischen Seite, sprich: Sie arbeitete am Berg. Maya hatte 2014 für Schlagzeilen gesorgt, als sie mit ihren Landsfrauen Dawa Yangzum Sherpa und Pasang Lhamu Sherpa Akita den 8611 Meter hohen K 2 in Pakistan bestiegen, den zweithöchsten Berg der Erde. „Ich bin seit 2003 Profibergsteigerin und habe immer versucht, dafür zu sorgen, dass mich auch jene Kerle wahrnehmen, die glauben, dass Frauen auf diesem Gebiet ein jämmerliches Bild abgeben“, schrieb mir Maya Sherpa Anfang 2015. Ich ziehe vor Maya, Lhakpa, Carla und Melissa meinen Hut. Bravo!