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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Siegrist: „Nur das Schwierigste war Ueli gut genug“

R.I.P., Ueli!

Die Bergsteigerszene ist noch immer wie paralysiert. So richtig begreifen kann es noch niemand, dass Ueli Steck nicht mehr unter uns ist. Der 40 Jahre alte Schweizer war gestern in unmittelbarer Nähe des Mount Everest tödlich abgestürzt. Seine Leiche wurde zu Füßen des Nuptse West gefunden und nach Kathmandu geflogen. Dort werden seine Frau, seine Eltern und weitere Verwandte erwartet. Nach Informationen der Zeitung „Himalayan Times“ soll Ueli in Nepal beigesetzt werden. Warum Steck abstürzte, wird wahrscheinlich niemals geklärt werden können. Schließlich war er wieder alleine unterwegs, um sich weiter auf die geplante Everest-Lhotse-Überschreitung vorzubereiten. Sein Teampartner Tenjing Sherpa hatte sich Erfrierungen zugezogen und Ueli nicht begleiten können.

„Wir hatten mehr als einmal Glück“

Ueli Steck

„Uns verband die gleiche Passion und unzählige gemeinsame Erlebnisse“, schreibt mir Stephan Siegrist. Der 44-jährige Schweizer lebt im selben Dorf wie Steck, in Ringgenberg am Brienzer See. Gerade in jungen Jahren waren die beiden häufig als Team unterwegs. „Wir haben viele Tage und Monate im In- und Ausland zusammen verbracht, manche Biwak-Nächte gemeinsam ‚durchfroren‘. Einige Erstbegehungen sind uns zusammen gelungen. Wir hatten auch mehr als einmal Glück, dass wir nicht gemeinsam abgestürzt sind.“

Inspirierender Ausnahmesportler

Stephan Siegrist

Ueli und er hätten „viele lustige Stunden beim Bergsteigen wie auch privat“ verbracht, erinnert sich Stephan. „Solche Erlebnisse und Seilschaften verbinden – auch wenn unsere Wege im Sport  über die Jahre andere Richtungen einschlugen. Auch waren wir nicht immer gleicher Meinung und verstanden den Alpinismus nicht immer gleich.“ Dennoch habe er Ueli „für sein kompromissloses Verfolgen eines Projekts, seinen Ehrgeiz und seinen Durchhaltewillen“ bewundert, sagt Siegrist. „Nur das Schwierigste war ihm gut genug – bis zum Schluss. Das machte seine Persönlichkeit als Bergsteiger aus. Er war ein inspirierender Ausnahmesportler.“

Göttler: „Auf ihn war hundertprozentig Verlass“

Ueli Steck (l.) und David Göttler (2016)

Das würde auch der deutsche Bergsteiger David Göttler unterschreiben. „Ich schätze mich glücklich, die letzten zwei Jahre mit Ueli immer wieder unterwegs gewesen zu sein und von seiner Art gelernt zu haben“, schreibt mir der 38-Jährige aus dem Basislager zu Füßen der Shishapangma-Südwand, durch die er gemeinsam mit dem 39 Jahre alten Italiener Hervé Barmasse eine neue Route eröffnen will. Im Frühjahr 2016 war David mit Ueli Steck an diesem Projekt gescheitert, weil das Wetter nicht mitgespielt hatte. Göttler, Barmasse und Steck hatten sich in diesem Februar mit einem Intensivtrainingslager im Khumbu-Gebiet gemeinsam auf ihre jeweiligen Expeditionen vorbereitet. „Ich verliere mit Ueli einen Freund und Seilpartner, auf den immer hundertprozentig Verlass war und mit dem ich noch viele gemeinsame Träume teilen wollte. Danke Ueli, für dieses kurze Stück gemeinsamen Wegs!“

Der Preis des Abenteuers

Für Oswald „Bulle“ Oelz, einen alten Weggefährten Reinhold Messners, ist Ueli Steck ein weiterer Freund, den er am Berg verloren hat. „Irgendwann einmal passiert es auch den Allerbesten“, sagte der 74 Jahre alte gebürtige Österreicher, der in der Schweiz lebt, dem Sender SRF. „Das ist der Preis des wirklichen Abenteuers. Da ist das tödliche Scheitern immer inbegriffen.“

Datum

1. Mai 2017 | 16:22

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