More DW Blogs DW.COM

Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Schwere Zeiten für Wetterexperten

Charly Gabl

„Ich habe wieder ein paar graue Haare mehr bekommen“, sagt Karl, genannt Charly Gabl. „Es war schrecklich.“ Der weltbekannte Meteorologe aus Österreich meint die Wetterkapriolen am Mount Everest in der zurückliegenden Frühjahrssaison, die Vorhersagen so schwer machten wie selten zuvor. Wieder hat sich Charly zahlreiche Nächte um die Ohren geschlagen, um Topbergsteiger aus aller Welt zu beraten, die ihm fast bedingungslos vertrauen. „Das eine Computer-Modell zeigt in einer Woche über zweieinhalb Meter Neuschnee, das andere gar keinen Niederschlag. Welches soll man nehmen?“

Karl Gabl: Wetterkapriolen am Everest

Traditionelles Schönwetterfenster blieb aus

Hans Wenzl gehörte zu jenen, die den Mount Everest ohne Atemmaske bestiegen

In diesem Jahr habe es einfach keine einzige längere Schönwetterperiode am Everest gegeben, erzählte mir der inzwischen 70-Jährige, als ich ihn am vergangenen Wochenende auf der Messe „Outdoor“ in Friedrichshafen traf. „Normalerweise haben wir zwischen dem 15. und 25. Mai einige Tage hintereinander ohne Jetstream, mit relativ hohen Temperaturen und besten Bedingungen, diesmal nicht. Stattdessen immer wieder Cumuluswolken, in der Frühe Sonne, nachmittags wieder Schauer.“ Wie unberechenbar das Wetter in dieser Saison war, zeigte sich zum Beispiel am letzten Mai-Wochenende: Acht Bergsteiger brachen ohne Flaschensauerstoff Richtung Gipfel auf, nur drei von ihnen erreichten bei schlechteren Wetterbedingungen als vorhersagt den höchsten Punkt, ohne zur Atemmaske gegriffen zu haben.

Vater-Kinder-Verhältnis

Trotzdem sei er mit der Bilanz der von ihm betreuten Bergsteiger zufrieden, sagt Gabl. So habe der blinde österreichische Bergsteiger Andy Holzer auf dem Everest gestanden, der Deutsche David Göttler die Shishapangma-Südwand durchstiegen. „Tamara Lunger und Simone Moro waren insofern erfolgreich, dass sie die Kangchendzönga-Überschreitung nicht machen mussten, und wieder gesund zu Hause sind.“ Charly fiebert mit den Extrembergsteigern mit. „Das sind ja Freunde. Ich habe fast ein Vater-Kinder-Verhältnis zu ihnen. Ich kümmere mich um sie, freue mich, wenn sie Erfolg haben und gesund bleiben.“

Karl Gabl: Vater-Kinder-Verhältnis

Klimawandel lässt grüßen

Pakistanische Südseite des K 2

Auch in der Sommersaison an den Achttausendern Pakistans, die inzwischen begonnen hat, berät Gabl wieder einige Bergsteiger, unter anderem am K 2, dem zweithöchsten Berg der Erde. Müssen die Gipfelaspiranten im Karakorum – wie in den vergangenen Jahren – wieder mit hohen Temperaturen rechnen? „Ich glaube schon, dass sich die allgemein anerkannte Klimaerwärmung, die Donald Trump noch nicht mitbekommen hat, den Bergen und Gletschern zusetzt“, antwortet der Meteorologe. „Der Steinschlag hat zugenommen.“ Schon Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits hätten vor einigen Jahren bei ihren gescheiterten Versuchen auf der pakistanischen Seite des K 2 darauf hingewiesen, dass der Abruzzen-Sporn, eigentlich die Normalroute, lebensgefährlich geworden sei. Auch die als sicherer geltende Cesen-Route über den Südsüdostgrat „schießt im Sommer inzwischen aus allen Rohren. Da kommen große Steine und Eisschlag herunter. Die Klimaerwärmung macht vor keinem Gebirge der Welt halt.“

Karl Gabl: Klimawandel lässt grüßen

Datum

22. Juni 2017 | 20:45

Teilen