Mingma Sherpa: „Wir brauchen keine Regeln für den Everest“
Keine Frage, Seven Summits Treks polarisiert. Auf der einen Seite stehen die Kritiker, die dem nepalesischen Expeditionsveranstalter vorwerfen, mit Dumpingpreisen Kunden anzulocken, auf Kosten der Sicherheit. Auf der anderen Seite gibt es offenbar sehr viele Bergsteiger, die, allen kritischen Stimmen zum Trotz, bei Seven Summits Treks buchen. Egal, an welchem Achttausender, fast immer stellt die Agentur von Mingma Sherpa die teilnehmerstärkste Expedition. „Ich bin in meinem Beruf erfolgreich, weil meine Kunden an mich glauben“, sagt mir der Chef des Unternehmens in Kathmandu. 2011 komplettierte Mingma als erster Nepalese seine Sammlung der 14 Achttausender. „Ich wollte zeigen, dass wir Sherpas nicht nur gute Träger und Bergführer sind, sondern auch richtige Bergsteiger.“ 2013 folgte sein jüngerer Bruder Chhang Dawa Sherpa dem Beispiel Mingmas. Die beiden sind das einzige Brüderpaar, das auf allen 14 Achttausendern stand. Chhang Dawa arbeitet als Expeditionsmanager ebenfalls bei Seven Summit Treks mit.
„Everest-Chance für alle“
Mingma verteidigt sich gegen den Vorwurf, er verderbe mit seinen Billigangeboten die Preise. „Ich träume nicht davon, das große Geschäft zu machen“, behauptet der 39-Jährige. „Ich verlange niedrigere Preise, weil ich auch Leuten mit einem kleineren Geldbeutel die Chance geben will, den Everest zu besteigen. Als ich selbst die Achttausender versuchte, hatte ich auch wenig Geld.“ Den Vorwurf, er spare an der Sicherheit, will der Sherpa ebenfalls nicht auf sich sitzen lassen: „Wenn jemand stirbt, liegt es entweder an den Bedingungen am Berg oder der körperlichen Verfassung der Bergsteiger. Da macht es doch keinen Unterschied, ob sie 20.000 oder 100.000 Dollar bezahlt haben.“
„Mehr Personal, mehr Sicherheit“
Auch die Tatsache, dass seine Expeditionsteams so groß seien, gehe nicht auf Kosten der Sicherheit, findet Mingma. „Wenn ich nur drei Kunden und drei Sherpas am Berg habe, kann ich im Notfall doch kaum eine Rettungsaktion durchführen“, sagt der Chef von Seven Summits Treks. „Ich aber habe 100 Kunden und 100 Sherpas vor Ort. Wenn etwas passiert, habe ich genügend Personal, um Bergsteiger zu retten. Meine Kunden sind sicherer als die, die 100.000 Dollar hingeblättert haben.“
„Nicht jeder ist ein Moro oder Steck“
Inzwischen bietet seine Agentur jedoch selbst Everest-Expeditionen für 130.000 Dollar an. „Es gibt eben Leute, die nicht aufs Geld gucken müssen“, sagt Mingma. „Sie haben das Geld, wir bieten Service. Es gibt in jeder Hinsicht mehr.“ Ein bis zwei Kunden hätten sich in diesem Jahr für diese Luxus-Variante entschieden. In der Ausschreibung für die Expedition hatte Seven Summits Treks das Profil der Teilnehmer so beschrieben: „Sie sind wirtschaftlich stark, um Ihr hohes Alter, Ihren schwachen körperlichen Zustand oder Ihre Angst vor den Gefahr zu kompensieren.“ Mingma sieht darin nichts Verwerfliches: „Wir haben am Berg auf dem Weg über die Hochlager bis zum Südsattel noch ausreichend Zeit, uns die Gipfelkandidaten genau anzugucken. Und wenn wir das Gefühl haben, sie schaffen es nicht, raten wir ihnen, umzukehren und es lieber beim nächsten Mal zu versuchen.“
Ich wende ein, dass solche Leute aufgrund ihrer fehlenden bergsteigerischen Fähigkeiten am Everest eigentlich nichts zu suchen haben. „Nicht alle Kunden kommerzieller Expeditionen sind Alpinisten vom Schlage eines Simone Moro oder Ueli Steck“, entgegnet Mingma. „Sie müssen vorher keinen Siebentausender bestiegen haben. Für den Everest reicht es, wenn sie die Erfahrung von zwei oder drei Sechstausendern mitbringen. Am Berg haben wird dann noch bis hinauf nach Lager 4 ausreichend Zeit, ihnen mehr beizubringen.“
„1000 gleichzeitig, kein Problem“
Von Regeln für den höchsten Berg der Welt hält der Chef von Seven Summit Treks ohnehin nichts. „Jeder will doch hinauf auf den Everest“, sagt Mingma. „Wenn er genug Energie dafür hat, sollte er es auch dürfen. Ich bin dafür, die Berge für alle offen zu halten. Wir leben im 21. Jahrhundert, die Leute wissen, was sie tun.“ Es sei auch kein Problem, wenn hunderte von Bergsteigern gleichzeitig am Everest unterwegs seien, meint Mingma Sherpa. „Wir können eine unbegrenzte Zahl von Bergsteigern am Berg managen. Wenn es mehr als 1000 sind, legen wir eben mehrere Spuren mit Fixseilen. Dann ist es kein Problem, wenn sie gleichzeitig aufsteigen.“