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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Und die Gewinner sind: Raphael, Ian und Ueli

Steck, Welsted, Slawinski (v.l.)

Steck, Welsted, Slawinski (v.l.)

Nun hat Ueli Steck seinen Golden Eispickel. Aber nicht nur er. Die Jury hat an zwei der nominierten fünf Expeditionen den begehrten Piolet d’Or verliehen, den „Oscar der Bergsteiger“. Die Juroren unter Leitung des früheren US-Topbergsteigers George Lowe ehrten nach eigenen Worten „zwei sehr unterschiedliche Besteigungen, um den Geist des modernen Bergsteigens wiederzugeben“. Der Goldene Pickel geht an die Kanadier Raphael Slawinski und Ian Welsted für ihre Erstbesteigung des 7040 Meter hohen K 6 West im Karakorum über eine neue Route durch die Nordwestwand und – wie von vielen erwartet – an den Schweizer Ueli Steck für seine Solodurchsteigung der Südwand des Achttausenders Annapurna in Nepal. Die Auszeichnungen wurden am Samstagabend während einer Gala in Courmayeur in Italien verliehen, zu Füßen des Mont Blanc.

Nicht über einen gleichen Kamm

Der Siebentausender K 6 West

Der Siebentausender K 6 West

„Raphael Slawinski und Ian Welsted wurden mit schwierigen technischen Kletterproblemen konfrontiert, inklusive einer überhängenden, eisigen Schlüsselstelle“, heißt es in der Erklärung der Jury. „Am vierten Tag wurde ihnen klar, dass sie nicht über den Grat weitersteigen konnten, weil er sich als messerscharfe Kante aus glattem Granit entpuppte. Nach sorgfältiger Abwägung fanden sie eine andere Möglichkeit, indem sie sich auf einen Eisvorsprung auf der Südseite abseilten und von dort aus zu einer Stelle oberhalb der nicht kletterbaren Passage stiegen, um den Weg zum Gipfel fortzusetzen.“ Die Jury beschrieb die kanadische Expedition außerdem als „ein wunderbares Beispiel dafür, Rücksicht auf das Wohl der einheimischen Bevölkerung zu nehmen”, weil die beiden Bergsteiger ihr Projekt trotz des Mordanschlags am Nanga Parbat fortgesetzt hätten. „Ian und Raphael wollen andere Bergsteiger ermuntern, nicht alle Pakistaner über einen Kamm zu scheren.”

Großes Risiko akzeptiert

Ueli an der Annapurna

Ueli an der Annapurna

Der andere Gewinner des Piolet d’Or war gleichzeitg der Topfavorit. Ueli Steck wurde für seine herausragende Solo-Durchsteigung der Annapurna-Südwand geehrt. Der Schweizer vollendete die schwierige Route, die Pierre Béghin und Jean-Christophe Lafaille 1992 bis auf eine Höhe von 7300 Metern eröffnet hatten. Schlechtes Wetter hatte die beiden Franzosen gezwungen umzukehren. Beim Abstieg war Béghin in den Tod gestürzt. Ueli Steck kletterte nachts, er brauchte nur 28 Stunden für Auf- und Abstieg. „Indem er im Alleingang in die Annapurna-Südwand einstieg, akzeptierte Ueli Steck ein großes Risiko“, befand die Jury. „28 Stunden lang blieb er absolut konzentriert, weil er wusste, dass ein falscher Schritt seinen Tod bedeuten würde. Ueli berichtete, dass er sehr nah an seinem Limit geklettert sei.”

Auf dem neuesten Stand

John Roskelley

John Roskelley

Beide Projekte stünden für “Bergsteigen auf dem neuesten Stand”, fasste die Piolet-d’Or-Jury ihre Entscheidung zusammen. Außerdem sprach sie eine “besondere Erwähnung” für Stephane Benoist und Yannick Graziani aus. Die beiden Franzosen hatten Uelis Route durch die Annapurna-Südwand nur zwei Wochen später wiederholt, unter deutlich schwierigeren äußeren Bedingungen. Die Jury lobte auch die drei anderen nominierten Expeditionen: die beiden Tschechen Zdenek Hrudy und Marek Holecek, die erstmals durch die Nordwand des Talung (7439 m) in Indien geklettert waren (Hrudy starb später am Gasherbrum I), die österreichischen Brüder Hansjoerg und Matthias Auer und den Schweizer Simon Anthamatten, denen die Erstbesteigung des Kungyang Chhish East (7400m) in Pakistan gelungen war – und zu guter Letzt Mark Allen aus den USA and Graham Zimmerman aus Neuseeland, die den Mount Laurens (3052 m) in Alaska erstmals über die Nordwand und den Nordgrat bestiegen hatten.

„Alle Nominierten sollten gefeiert werden, weil sie für die höchsten ethischen Ideale des Bergsteigens stehen”, erklärte die Jury. Das gilt ebenfalls für den früheren US-Topbergsteiger John Roskelley, der mit dem Piolet d’Or für sein Lebenswerk als Bergsteiger ausgezeichnet wurde.

Auch die Jury selbst verdient Applaus – ganz einfach, weil sie ihren Job erledigte. Die Jury des vergangenen Jahres hatte alle sechs nominierten Expeditionen ausgezeichnet. Das sollte wirklich eine Ausnahme bleiben.

Update 31.3.: Hansjörg Auer hat sich bitter über die Jury beschwert. „Wenn ein Mitglied der Piolet-d’Or-Jury kritisiert, dass mein Bruder Matthias bis jetzt niemals über seine Klettertouren berichtet hat, ist es Zeit, etwas zu ändern”, schreibt Hansjörg auf Facebook. „Und das ist nur ein Hinweis,wie oberflächlich sie beim Piolet d’Or mit unserem Abenteuer umgegangen sind.” Lediglich Jury-Präsident George Lowe und die französische Kletterin Catherine Destivelle hätten verstanden, welch große Herausforderung die Besteiung des Kunyang Chhish East gewesen sei. „Die Tränen von George und Catherine, als sie sich bei uns für die Entscheidung der Jury entschuldigten, bedeuten mehr als die Schlagzeilen der Zeitungen morgen.”

Datum

30. März 2014 | 22:24

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