Piolet d’Or für lebende Legende Bonington
Keine Frage, der Mann hat den Preis verdient. Wenn vom 9. bis 12. April in Chamonix und Courmayeur zu Füßen des Mont Blanc die wichtigsten Besteigungen des Jahres 2014 mit dem Piolet d’Or, dem „Oscar der Bergsteiger“, prämiert werden, erhält Sir Chris Bonington für sein Lebenswerk den „Prix Walter Bonatti“. Er wird zum siebten Mal verliehen. Seit 2009 haben ihn Walter Bonatti, Reinhold Messner, Doug Scott, Robert Paragot, Kurt Diemberger und John Roskelley erhalten. „Chris Boningtons Projekte haben sowohl in den Alpen als auch im Himalaya Maßstäbe gesetzt“, teilten die Organisatoren des Piolet d’Or mit. „Ein herausragender und leidenschaftlicher Bergsteiger.“
Historische Besteigungen
Im vergangenen Jahr feierte Bonington seinen 80. Geburtstag standesgemäß: mit der Wiederholung einer seiner berühmten Routen: am Old Man of Hoy, einer spektakulären Felsnadel im Meer vor den Orkney-Inseln, die er 1966 erstmals kletterte. Später gelangen ihm weitere historische Touren, wie die Erstbesteigung der Annapurna II im Jahr 1960, des zentralen Freney-Pfeilers auf der Südseite des Mont Blanc 1961 und des 7285 Meter hohen Ogre im Karakorum zusammen mit Doug Scott 1977 (die zweite Besteigung folgte erst 2001). Aber Bonington erwies sich auch als ein großer Expeditionsleiter. 1970 leitete er die erfolgreiche Expedition zur Südwand der Annapurna, 1975 die Expedition zum Mount Everest, bei der Doug Scott und Dougal Haston erstmals durch die steile Südwestwand kletterten. Bonington selbst erreichte den Gipfel des Mount Everest 1985 als Mitglied einer norwegischen Expedition. Die Queen schlug ihn 1996 für seine Verdienste um den Sport zum Ritter. Eine lebende Legende!
„Everest kein Platz mehr für Pioniere“
Ich traf Chris Bonington zuletzt 2013, bei der 60-Jahr-Feier der Erstbesteigung des Mount Everest in der Royal Geographical Society in London. Natürlich fragte ich ihn damals nach seiner Meinung zu dem heutigen Massenansturm auf den höchsten Berg der Erde. „Der Everest wird diesen Menschen nicht geschenkt, es ist für sie immer noch ein hartes Brot: 2000 Personen im Basislager, 200 in der Lhotse-Flanke, 100 pro Tag auf dem Gipfel, verbunden durch das Fixseil, das die Sherpas gelegt haben“, antwortete Sir Chris. „Der Everest ist, wenn man so will, kein Platz mehr für die Pioniere. Die Pioniere sind anderswohin gegangen.“
Sir Chris Bonington über kommerzielles Bergsteigen am Everest
Vor einem halben Jahr, während unserer Erstbesteigung des 7129 Meter hohen Kokodak Dome in der Kongur-Bergkette im Westen Chinas, musste ich an Bonington denken. 1981 hatte er mit den berühmten britischen Kletterern Al Rouse, Peter Boardman und Joe Tasker den 7719 Meter hohen Kongur Tagh erstbesteigen. Er ist der höchste Berg des Massivs – und viel schwerer als „unser“ Kokodak Dome.