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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Die leidige Sache mit dem (Expeditions-) Geld

Blauschafe am Putha Hiunchuli

„Expeditionsgeld ist scheu wie ein Blauschaf im Himalaya“, könnte man in Abwandlung eines Ausspruchs des einstigen bayrischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß („Geld ist geil wie ein Bock, aber scheu wie ein Reh“) sagen. Nicht selten erweist sich die Suche nach Sponsoren als so stark überhängende Wand, dass Bergsteiger den Halt verlieren und hart auf dem Boden der finanziellen Tatsachen landen. Anfang des Jahres habe ich mir selbst die Zähne daran ausgebissen, Geldgeber für ein – wie mir alle unisono versicherten – äußerst interessantes Projekt zu finden. Material hätte ich haben können, Bares jedoch nicht. Schweren Herzens musste ich für die Expedition absagen. Auch Profis scheitern zuweilen beim Versuch, ein finanzielles Blauschaf einzufangen – wie jetzt die beiden russischen Bergsteiger, die eine neue Route in der Everest-Ostwand erschließen wollten. 

Erst zweimal durchstiegen 

Geplante Route durch die Everest-Ostwand

„Gleb Sokolov hat nicht genug Geld für sein Everest-Projekt auftreiben können und es deshalb auf nächstes Jahr verschoben“, heißt es auf der Internetseite russianclimb.com. Wie schade! Der 59-Jährige hatte sich zusammen mit seinem Landsmann Alexander Kirikov an der bisher erst zweimal durchstiegenen, über 3000 Meter hohen Kangshung-Flanke versuchen wollen: über eine neue Route im rechten Wandteil, im Alpinstil. 1983 waren die US-Amerikaner Carlos Buhler, Kim Momb und Louis Reichardt erstmals durch die technisch anspruchsvolle und stark lawinengefährdete Ostwand geklettert. 1988 gelang das auch dem Briten Stephen Venables als einzigem Mitglied seines Expeditionteams, über eine andere Route, ohne Flaschensauerstoff. Seitdem blieb die Kangshung-Flanke fast immer verwaist. 

Top-Tourenbuch 

Sokolov gehört zu den erfahrensten und besten Höhenbergsteigern Russlands. 2004 kletterte er auf neuer Route durch die Everest-Nordwand auf den Gipfel. 2007 gehörte Gleb zum russischen Team, das die Westwand des K 2 meisterte. Außerdem bestieg der Mann aus Nowosibirsk die Achttausender Lhotse, Makalu, Manaslu und Cho Oyu. Fast hätte es für ihn auch zu einem Piolet d’Or gereicht, dem Oscar der Bergsteiger. Im Jahr 2010 wurden Sokolov und Vitali Gorelik (der im Winter 2012 am K 2 starb) für ihre neue Route durch die Nordwand des 7439 Meter hohen Pik Pobeda nominiert, gewannen den Preis aber nicht. Ich drücke Gleb die Daumen, dass er im nächsten Jahr mehr Glück mit den Blauschafen hat.

Datum

28. März 2013 | 16:57

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