Verfluchter Wind
Ich bin k.o. Was für ein Tag! Gefühlt habe ich ständig gekämpft. Gegen die müden Beine, den inneren Schweinehund, den einen oder anderen, Gott sei Dank nur kurzen Regenschauer – und vor allem gegen den Gegenwind. Der hat mich heute beinahe zur Weißglut getrieben. Es begann schon kurz hinter Kreuzlingen, als ich am so genannten Untersee, dem Ausläufer des Bodensees, entlangfuhr. Ich hatte mich schon gefreut, dass die angekündigten Regenschauer zunächst ausblieben, doch da blies mir der Wind frontal ins Gesicht. Und das obwohl ich die ersten beiden Etappen meiner Spenden-Radtour „School up! River down!“ mit insgesamt 226 Kilometer an zwei Tagen schon ziemlich in den Waden spürte.
Über die Hügel
In Stein am Rhein, wo der Bodensee in den Rhein abfließt, querte ich auf die rechte Seite des Flusses. Dort zog ich erstmals meine Regenkleidung an – wie sich herausstellte umsonst, der Schauer war kurz. Doch der Wind blieb. Deutlich hinter der geplanten Zeit erreichte ich schließlich den Rheinfall in Schaffhausen, etwa auf der Etappenhälfte. Wegen des ungemütlichen Wetters tummelten sich dort deutlich weniger Touristen, als ich eigentlich erwartet hatte. Von Schaffhausen strampelte ich mit meinem Faltrad nach Waldshut-Tiengen –„über die Hügel“, wie es im Tourenführer hieß. Das hätte mir zu denken geben müssen. Im hügeligen Gelände sind Fahrradwege häufig Feldwege mit zuweilen heftigen Steigungen. Ein paar Mal musste ich absteigen und schieben.
Eine Tasse Kaffee zum Runterkommen
Meinen mentalen Tiefpunkt hatte ich jedoch etwa bei Tageskilometer 80. Ich war nun auf der Höhe und freute mich darauf, endlich wieder hinunterfahren zu können. Doch der Wind blies mir mit solcher Kraft ins Gesicht, dass ich es selbst bergab mit großer Anstrengung gerade mal auf 15, 16 Stundenkilometer brachte. Irgendwann brüllte ich den Wind: „Was habe ich dir eigentlich getan?“ Im nächsten Augenblick kam mir das schon ziemlich idiotisch vor. Ich kehrte bei einem Imbiss ein und trank eine Tasse Kaffee. Danach ging es mir besser. Vielleicht hatte ich den Wind tatsächlich mit meinem Wutausbruch beeindruckt, plötzlich wehte er jedenfalls deutlich gemäßigter.
Eine Nacht im Bett
Insgesamt saß ich heute neun Stunden im Sattel. 117 Kilometer habe ich trotz aller Widrigkeiten geschafft. Diesmal gönne ich mir eine Übernachtung in einem auf Fahrradfahrer spezialisierten kleinen Hotel in Laufenburg-Luttingen. Die gestrige sternenklare und deshalb kalte Nacht in Kreuzlingen war wenig erholsam. Mit meinem Ultraleicht-Schlafsack war ich bei den Temperaturen ziemlich „underdressed“, ich fror und wachte deshalb ständig auf. Heute brauche ich dringend ein paar Stunden Tiefschlaf, um wieder zu Kräften zu kommen.
300-g-Steak zum Tagesabschluss
Vielleicht fragt ihr euch, wie ich mich auf der Tour ernähre. Heute gab es zum Frühstück eine Packung Peronin, eine echt Kalorienbombe. Das Pulver, Geschmacksrichtung Vanille, wird mit Wasser angerührt, eine Portion bringt es auf satte 1907 Kilojoule. Entwickelt hat dies Powerdrink der Abenteurer und Arktisspezialist Robert Peroni. Unterwegs nahm ich dann einen Croissant, zwei Landjäger, einen Schoko- und einen Powerriegel sowie einen Apfel zu mir, dazu zwei Kaffee und zwei Liter Wasser. Nach der Ankunft habe ich den Kalorienspeicher wieder aufgefüllt: mit einer Kraftbrühe samt Leberspätzle und anschließend einem 300-g-Steak mit Pommes und Salat. Damit ich morgen wieder etwas zu verbrennen habe.