More DW Blogs DW.COM

Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Ziel: Neue Route am Kangchendzönga

Nordwand des Kangchendzönga

Nordwand des Kangchendzönga

Auch wenn es mit Sicherheit in diesem Frühling wieder so erscheinen mag, als gäbe es nur den Mount Everest – es lohnt sich auch, auf andere Achttausender zu blicken. Eine hochkarätige Mannschaft hat sich zusammengetan, um in der Nordwand des Kangchendzönga eine neue Route zu eröffnen: Denis Urubko und Artem Brown aus Russland, der Pole Adam Bielecki und der Baske Alex Txikon. Initiator des Projekts ist Urubko. Der gebürtige Kasache, der inzwischen russischer Staatsbürger ist, will endlich einen Schlussstrich hinter das für ihn so unglücklich verlaufene vergangene Jahr ziehen.

Nichts geschafft

Denis Urubko

Denis Urubko

„Was habe ich 2013 geschafft? Um ehrlich zu sein, eigentlich gar nichts“, schrieb Denis zur Jahreswende in seinem Blog. „Das Jahr war voller Schmerz, Grauen und zerschlagenen Hoffnungen. Nach dem Tod von Alexei Bolotov kann ich mich nicht mehr im Spiegel ansehen, ich bin beschämt, verletzt.“ Urubko und Bolotov hatten im Frühjahr 2013 eine neue Route durch die Südwestwand des Mount Everest klettern wollen. Nicht weit vom Basislager entfernt, stürzte Bolotov beim Abseilen 300 Meter weit ab, weil das Seil an einer scharfen Felskante riss. Der 50-Jährige, einer der besten und erfahrensten Extrembergsteiger Russlands, war sofort tot.

Wie ein Gral

Adam Bielecki

Adam Bielecki

Auch für Adam Bielecki gilt es, ein Trauma zu verarbeiten. Nachdem ihm und drei Landsmännern im März 2013 die erste Winterbesteigung des Broad Peak gelungen war, kamen Maciej Berbeka und Tomasz Kowalski beim Abstieg ums Leben. Der polnische Bergsteigerverband (PZA) warf Bielecki später vor, seine Gefährten im Stich gelassen zu haben, weil er vor den anderen alleine abgestiegen sei. Bielecki habe damit gegen die „alpinistische Ethik“ verstoßen, hieß es im Abschlussbericht des Verbands. Adam verteidigte sich: „Ich war am Rande der Panik und kämpfte um mein Leben.“ Jetzt will Bielecki nur noch nach vorne blicken. Ein Traum könne am Kangchendzönga in Erfüllung gehen, sagte der 30-Jährige in einem Interview von off.sport.pl: „Eine neue Route in Terra incognita. Dort hat nicht nur niemand in einer bestimmten Jahreszeit, sondern wirklich überhaupt noch keiner seinen Fuß hingesetzt! Das ist für viele Reisende oder Bergsteiger wie ein Gral.“ Vor dem Broad Peak hatte Bielecki 2012 mit seinem Landsmann Janusz Golab auch den Gasherbrum I erstmals im Winter bestiegen.

Achtausender Nr. 11?

Alex Txikon

Alex Txikon vor der Lhotseflanke

Damals gehörte der Baske Alex Txikon zum Team des Österreichers Gerfried Göschl, das versuchte, den G I über eine andere Route zu besteigen und den Gipfel zu überschreiten. Txikon brach den letzten Versuch ab, während Göschl, der Schweizer Cedric Hählen und der Pakistaner Nisar Hussain weiter aufstiegen. Seitdem werden sie vermisst. 2013 gelang Txikon zusammen mit José Manuel Fernández die erste Winterbesteigung des formschönen Sechstausenders Laila Peak in Pakistan. Im folgenden Frühjahr stand er auf dem Gipfel des Lhotse, es war sein zehnter der 14 Achttausender. Der Kangchendzönga fehlt noch in der Sammlung des 32-Jährigen, der auch als Basejumper immer mal wieder für Schlagzeilen sorgt. Der Vierte im Bunde, der Russe Artem Brown, ist noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt in der Achttausender-Szene.

Der Kangchendzönga liegt im Grenzgebiet zwischen Nepal und dem indischen Bundesstaat Sikkim und ist mit 8586 Metern der dritthöchste Berg der Erde. Die heutige Normalroute verläuft über die Südseite des Kangchendzönga, wo auch die beiden Erstbesteiger George Band und Joe Brown 1955 erfolgreich waren. Die erste Route auf der Nordseite eröffnete 1977 eine indische Expedition.

Datum

26. März 2014 | 13:53

Teilen