Erfolgschance 15 bis 20 Prozent
„Für mich ist das komplettes Neuland“, freut sich David Göttler auf seine bevorstehende Winterexpedition, die ihn nach Weihnachten zusammen mit den beiden Italienern Simone Moro und Emilio Previtali zum Achttausender Nanga Parbat in Pakistan führen wird. „Ich habe bis jetzt nur Wintererfahrung in den Alpen gesammelt, noch nie im Himalaya und Karakorum“, sagt der 35 Jahre alte Münchner, als ich ihn in dieser Woche in meiner Heimatstadt Köln treffe. Seit Simones Einladung Ende September, ihn zum Nanga Parbat zu begleiten, habe er sein Ausdauertraining erhöht, erzählt David. Die Kälte könne man nicht trainieren. „Es würde nichts bringen, wenn ich mich für drei Tage in den Kühlschrank setze.“
David Göttler: Komplettes Neuland
Urubko sagte ab
Im Gegensatz zu Göttler ist Simone Moro ein alter Fuchs in Sachen Winterexpeditionen. Wie die Polen Jerzy Kukuczka, Krzysztof Wielicki and Maciej Berbeka hat der 46 Jahre alte Italiener drei Achttausender erstmals in der kalten Jahreszeit bestiegen: 2005 mit dem Polen Piotr Morawski die Shishapangma in Tibet, 2009 mit dem Kasachen Denis Urubko den Makalu in Nepal und 2011, wieder mit Denis sowie dem Kanadier Cory Richards, den Gasherbrum II in Pakistan. Am Nanga Parbat hat sich Moro im Winter 2012 bereits einmal vergeblich versucht. Wie damals wollte Simone auch jetzt wieder mit seinem Freund Urubko aufbrechen. Doch Denis sagte ab, weil er nach der Ermordung von elf Bergsteigern im Nanga-Parbat-Basislager im vergangenen Sommer um seine Sicherheit fürchtete.
Ein bisschen Glück gehört dazu
„Ich müsste lügen, wenn ich sage, dass sich dieses Thema nicht immer wieder einmal in meine Gefühle und Gedanken einschleicht“, räumt auch David Göttler ein. Doch er habe inzwischen ein gutes Gefühl. „Ich habe Pakistan immer als freundlich, offen und unglaublich schön empfunden“, sagt David. „Ich bin mir sicher, dass die Bevölkerung vor Ort immer noch so ist und jetzt vielleicht noch sensibler darauf reagiert, falls jemand irgendwo auftauchen sollte, wo er nicht hingehört. Aber am Ende ist natürlich auch ein bisschen Glück dabei, dass man nicht zur falschen Zeit am falschen Ort ist.“
David Goettler: Nicht zur falschen Zeit am falschen Ort sein
Keine Grabenkämpfe
Die drei Bergsteiger wollen über die so genannte Schell-Route auf der Rupal-Seite zum Gipfel aufsteigen. Diesen Weg wählt auch eine polnische Expedition: Marek Klonowski and Tomek Mackiewicz versuchen sich bereits den vierten Winter in Folge am Nanga Parbat. In diesem Jahr hatte Marek auf der Schell-Route immerhin eine Höhe von 7400 Metern erreicht. Die Polen werden früher anreisen als das italienisch-deutsche Team. David glaubt nicht, dass sich die beiden Mannschaften ins Gehege kommen: „Es wäre bescheuert, wenn wir gegeneinander arbeiten würden. Wir sind in Kontakt. Wir werden uns gegenseitig unterstützen und sicher nicht anfangen, da irgendwelche Grabenkämpfe auszutragen.“
David Göttler: Keine Grabenkämpfe
Zufrieden in der zweiten Reihe
17 Winterexpeditionen gab es zum Nanga Parbat, alle scheiterten. Der 8125 Meter hohe Berg und der K 2 sind die einzigen der 14 Achttausender, die noch nicht im Winter bestiegen wurden. „Die Erfolgschance ist sehr gering“, räumt Göttler ein. „Wir sprechen von 15 bis 20 Prozent. Das ist sehr wenig, aber doch einen Versuch wert.“ David hat bereits fünf Achttausender bestiegen, zuletzt – wie berichtet – im vergangenen Mai den Makalu. Häufig war er zuvor mit Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits unterwegs. Jetzt bricht er mit Simone Moro auf, einem weiteren Star unter den Höhenbergsteigern. „Ich finde es ganz angenehm, in der zweiten Reihe zu stehen“, gesteht Göttler. „Im Team wissen wir um die Stärken und Schwächen des anderen. Mir ist wichtig, dass es intern passt. Ich habe kein Problem damit, dass ich nicht die ganz große Bühne habe wie Simone Moro.“ Teamgeist zu haben, findet David, bedeute jedoch nicht, mit der eigenen Meinung hinter dem Berg zu halten. „Ich werde sicher nicht Ja und Amen zu jeder Entscheidung sagen.“