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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Unruhe vor dem Gipfelsturm

SonnenuntergangEs ist angerichtet. „Für die nächsten Tage wird eigentlich durchweg schönes Wetter erwartet“, sagt Expeditionsleiter Luis, als wir die Taktik für unseren Gipfelversuch besprechen. „Kaum Niederschläge und verhältnismäßig moderate Temperaturen von minus 16 Grad Celsius am Gipfel, gegen Ende der Woche nur noch minus zwölf bis minus neun Grad.“ Der Wind blase in der Spitze mit 40 bis 50 Stundenkilometern, aber wohl immer nur dann, wenn sich, wie in den letzten Tagen häufiger geschehen, eine Wolke über uns festsetze. „Es gibt keinen Tag, wo es ganz ruhig wäre. Das müssen wir so akzeptieren“, schließt Luis seinen Wetterbericht und kommt zum Wesentlichen: „Wir sind fit, gut vorbereitet. Ich würde vorschlagen, den Gipfelangriff einzuläuten.“

Drei oder vier Etappen

Eva-Maria improvisiert: Skistockteller aus dem Boden von Plastikflaschen

Eva-Maria improvisiert: Skistockteller aus dem Boden von Plastikflaschen

Und so sieht Luis‘ Plan aus: Am morgigen Dienstag steigen wir gegen Mittag locker nach Lager 1 auf 5500 Metern auf. Am Mittwoch geht es weiter nach Lager 2 auf 6300 Metern. Dort steht bereits ein Depotzelt, die anderen Zelte müssen noch aufgeschlagen werden. Während dies geschieht, wird Luis mit einem oder zwei Begleitern noch ein Stück weiter aufsteigen, um zu erkunden, wie der Schnee darüber beschaffen ist. Sollte er locker und tief sein, würden wir am Donnerstag ein weiteres Hochlager einrichten und am Freitag zum Gipfel starten. Sollte der Schnee jedoch trittfest sein und wären wir damit in der Lage, schnell voranzukommen, könnten wir bereits am Donnerstag den höchsten Punkt auf 7129 Metern erreichen.

Luis: Alle am Gipfel wären mein Traum

Lange Diskussionen

Lange Diskussionen

In der Folge entspinnt sich eine teilweise hitzige Diskussion über das Leistungsgefälle in unserer Gruppe. Wie viel Eigenverantwortung muss sein, wie viel Sherpa-Unterstützung darf sein? Unbestritten waren unsere sieben Stärksten, Expeditionsleiter Luis, die beiden Nepalesen Singi und Chhongba, André, Sven, Jürgen und Manuel, immer vorneweg. Sie haben die Spurarbeit geleistet, die Lagerplätze gerichtet und hatten meist schon die Zelte aufgebaut, ehe die übrigen eintrafen und sich ins quasi gemachte Nest setzen konnten. „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo sich jeder fragen muss: Bin ich wirklich in der Lage, den Gipfel zu erreichen oder ist es besser, mir einzugestehen, dass Lager 2 für mich das Ende der Fahnenstange ist?“, bringt es André auf den Punkt. „Wir haben die Verpflichtung, unsere Sherpas nicht zu verheizen“, meint Jürgen. Ich vertrete den Standpunkt, dass die Leistungsstärksten auch die Ersten sein sollten, die den höchsten Punkt erreichen – nicht als Belohnung, aber als Wertschätzung ihrer Arbeit, die sie uneigennützig für das Team geleistet haben. Es geht ans Eingemachte, auch Tränen fließen. Luis versucht zu vermitteln. „Ich würde euch gerne alle am Gipfel sehen“, sagt der Expeditionsleiter. „Das wäre mein Traum.“

Zweimal fünf, zweimal drei

Kokodak Dome im Abendlicht

Kokodak Dome im Abendlicht

Zunächst aber hat er die undankbare Aufgabe, Seilschaften zu bilden. Auch über deren Zusammensetzung wird diskutiert. Am Ende bilden sie in etwa ab, in welcher Geschwindigkeit wir in den vergangenen Tagen aufgestiegen sind. Luis, André, Jürgen, Sven und Manuel formen eine Fünferseilschaft, Eva-Maria, Volker und Chhongba ein Dreierteam ebenso wie Churchy, Johannes und ich sowie Edith, Richard, Ursula, Jan und Singi eine weitere Fünferseilschaft. Wer weiß, ob wir überhaupt am Seil gehen müssen. Vielleicht legt sich der Berg hinauf zum Gipfel ja wirklich so weit zurück, dass jeder seilfrei sein Glück versuchen kann. „Das wäre mein Traum“, sagt André. „Jeder jagt dem Gipfel entgegen.“ Und er wandelt den alten Fußballer-Spruch „Entscheidend ist auf’m Platz!“ ab: „Entscheidend ist auf’m Berg!“

Datum

21. Juli 2014 | 17:19

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