Hans Wenzl: „Ganz alleine auf dem Everest“
Es war eine Energieleistung. Am vergangenen Samstag erreichte der Österreicher Hans Wenzl – wie berichtet – trotz widriger Wetterbedingungen von der nepalesischen Südseite aus den höchsten Punkt der Erde auf 8850 Metern, und das ohne Flaschensauerstoff. Der Mount Everest war bereits der achte Achttausender, den Hans ohne Atemmaske bestieg. Zuvor stand er bereits auf den Gipfeln Broad Peak, Nanga Parbat, Gasherbrum I und II, Manaslu, Cho Oyu und Makalu. Außerdem erreichte er 2005 an der Shishapangma den 8008 Meter hohen Zentralgipfel, der 19 Meter niedriger ist als der Hauptgipfel. Sein Fernziel ist, die Achttausender-Sammlung ohne Flaschensauerstoff zu vervollständigen. Dabei ist der 46-Jährige kein Profi-Bergsteiger. Wenzl verdient sein Geld als Polier bei einem österreichischen Baukonzern, für seine Expeditionen nimmt er Urlaub. Hans lebt im 2500-Einwohner-Ort Metnitz im Norden Kärntens, mit seiner Frau Sonja hat er zwei erwachsene Söhne. Er hat auf meine Fragen geantwortet, die ich ihm nach Nepal geschickt hatte.
Hans, zunächst einmal einen ganz herzlichen Glückwunsch zu deinem Erfolg. Du bist am vergangenen Samstag das letzte Stück zum Everest-Gipfel alleine aufgestiegen, im Gegensatz zu deinem Teamkollegen Ferran Latorre ohne Flaschensauerstoff. Wie ist es dir beim Aufstieg im Gipfelbereich ergangen?
Ich habe den Mount Everest ohne zusätzlichen Sauerstoff bestiegen. Es war für mich auch nie ein Thema, eventuell zur Atemmaske zu greifen! Ich hätte nicht gedacht, dass der Aufstieg von Lager 4 bis zum Gipfel so lang ist. Dazu war es recht windig und nebelig.
Konntest du überhaupt noch an irgendetwas denken, als du nach den Strapazen den höchsten Punkt erreicht hattest?
Ich war natürlich langsamer als die Sauerstoff-Geher. Aber es war nicht so, dass ich nicht mehr konnte, als ich am Gipfel war. Ich war ca. 20 Minuten alleine oben, etwa zwischen 12.30 Uhr und 13 Uhr Ortszeit. Und ich dachte: Jetzt bin ich hier am höchsten Punkt der Erde und ganz alleine. Ich habe es geschafft, ohne Sauerstoff. Ich wusste es!
Viele sagen, der Abstieg ist eigentlich gefährlicher, weil das große Ziel erreicht ist, die Kräfte nachlassen und auch die Konzentration. Wie hast du den Abstieg zum Südsattel erlebt?
Der Abstieg war wirklich sehr anstrengend, besonders über den Hillary Step. Ich bin dort auch gestürzt. Die Zeit, noch bei Tageslicht zum Südsattel zurückzukommen, wurde kurz. Es war auch niemand mehr auf der Strecke. Ich musste mich beim Absteigen sehr konzentrieren, um schnell genug und sicher herunterzukommen.
Der Everest war dein achter Achttausender ohne Flaschensauerstoff. Wie ordnest du den Gipfelerfolg ein, wenn du an die vorherigen sieben Besteigungen denkst?
Durch die Höhe und ohne Flaschensauerstoff war der Everest wohl der bisher härteste Gipfel für mich.