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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Wie Amöbe oder Schmittchen Schleicher

Im Gebiet rund um den Hahnenkamm habe ich einst das Skilaufen gelernt. Immer um die Osterzeit machten wir, von Kirchberg in Tirol aus, die Pisten unsicher. Hahnenkamm, Ehrenbachhöhe, Pengelstein – das waren damals unsere Fixpunkte, zwischen denen wir Kinder vom ersten bis zum letzten Lift die Bretter laufen ließen, was das Zeug hielt. Die Eltern trafen wir, wenn überhaupt, zur Brotzeit auf einer Hütte. Auch im Sommer habe ich das Gebiet mehrfach erwandert. Ich wäre im Leben nicht auf die Idee gekommen, die Anstiege laufend hinter mich zu bringen.


Zum Genießen bleibt den Läufern wenig Zeit

Mentales Auf und Ab

Genau das geschah aber auf der heutigen dritten Etappe des Transalpine-Run. Sie führte von Kitzbühel aus die legendäre Skiabfahrt „Streif“ hinauf zum Hahnenkamm (1668), dann über Pengelstein (1938 m), Rettensteinalm (1430 m), Schöntaljoch (2029 m) und die Bergstation der Wildkogelbahn (2186m) hinunter nach Neukirchen am Großvenediger: 46,9 Kilometer, 2252 Meter im Anstieg. Eine Wahnsinnsetappe.
Um das Wichtigste vorwegzunehmen: Unsere Rheinsteiger Jochen und Gert haben auch dieses Teilstück gemeistert: 6:22.11 Stunden, macht in der Gesamtwertung Platz 28 in ihrer Altersklasse, Rang 52 unter allen 250 Teams. Für die beiden Kölner war es auch mental eine Etappe mit Auf und Ab – oder besser gesagt mit Ab und Auf. Denn bereits beim ersten Anstieg die „Streif“ hinauf zum Hahnenkamm hatte Gert einen Durchhänger. „Ich soll hier ja nicht rumheulen, aber Jochen war im Prinzip den kompletten Anstieg damit beschäftigt, mich zu überreden nicht auszusteigen“, schreibt Gert im Blog der beiden. „Es ging mal gar nichts. Hungerast direkt am Start.“

Zu langsam für das Moddermonster

Nach diesem kleinen Durchhänger lief es bei Gert aber wieder besser. Jetzt machten „Jochens Füße ein bisschen Ärger (Blasen). Wäre ja auch zu schön , wenn es mal bei beiden gleichzeitig gut läuft.“ Die beiden bissen sich durch, mal „amöbenartig“, mal „durch Restschnee dass man sich schon auf den Spuren des Moddermonsters (Figur aus der Comicserie Garfield) wähnte. Wirklich gefangen haben wir es allerdings nicht, dafür hätte man etwas schneller unterwegs sein müssen“.
Am Ende wartete noch ein Bergab-Lauf von zehn Kilometern Länge auf die Rheinsteiger. „Muss lustig ausgesehen haben, wie wir da runter getrudelt sind“, schreibt Gert. „Jochen mit Bedacht auf die Füße und ich in Schmittchen-Schleicher-Manier zur Wadenschonung.“ Viel Zeit, ihre Wunden zu lecken, haben die beiden nicht. Morgen geht es auf die Birnlücke, 2700 Meter, auf den höchsten Punkt des diesjährigen Rennens. „Ein Kinderspiel“, witzelt Gert.

Datum

6. September 2010 | 19:09

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