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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Den Brunnen erreicht

Gruppenbild mit Kokodak Dome

Gruppenbild mit Kokodak Dome

Die Zeichen stehen auf Abschied vom Kokodak Dome. Heute früh tauchten Treiber mit ein paar Eseln und Kamelen im Basislager auf. Die erste Hälfte unseres Gepäcks ist auf dem Weg ins Tal. Morgen werden wir unsere Zelte abbrechen und einen Tag früher als ursprünglich geplant in die Stadt Kashgar reisen. Zeit, Bilanz zu ziehen. Luis, der Leiter unserer Expedition, ist rundum zufrieden. „Ich habe mich irre gefreut, dass alle am Gipfel waren. Bei einer Erstbesteigung ist das natürlich doppelt schön. Es war eine Super-Teamleistung“, sagt Luis. „Unsere Expedition hat wie am Schnürchen geklappt.“

Wie im Film

Erinnerung an unsere Erstbesteigung

Erinnerung an unsere Erstbesteigung

Auch Manuel strahlt mit der Sonne um die Wette. „Ich habe neun Monate für die Erstbesteigung des Kokodak Dome trainiert, so hart wie noch nie zuvor“, erzählt der 33-Jährige. „Ich hatte hier die Chance zu scheitern. Da ist diese Ungewissheit, meine Nerven und Muskeln sind angespannt. Und wenn ich diese Situation dann meistere, gibt mir das eine ungeheure Befriedigung und macht mich stärker.“ Für Eva-Maria wird der Gipfeltag unvergesslich bleiben: „Es war ein genialer Moment, in der Nacht eine kurze Zeit lang vorneweg durch den Schnee zu spuren. Wie in einem Film, in den ich eigentlich nicht gehöre. Es war unglaublich, unvergesslich.“

Biblisches Ausmaß

Futter für die Kamele

Futter für die Kamele

Ursel hat den Aufstieg weniger gefühlsbetont erlebt. „Als wir Lager 2 erreicht hatten, wusste ich, dass ich den Gipfel schaffen würde. Es war kein besonders emotionaler Augenblick. Aber ich habe mich gefreut, dass alle oben waren.“ Für Ehemann Jan ist „eine Erstbesteigung der Traum jedes Bergsteigers. Und diese hatte ein geradezu biblisches Ausmaß: Zusammengenommen rund 750 Jahre standen am Gipfel des Kokodak Dome.“ Richard hat als Ältester mit 69 Jahren sein Scherflein dazu beigetragen. Leicht sei es ihm nicht gefallen, sagt Richard: „Ich fand die Tour sehr anstrengend: lange Strecken, Schotter, tiefer Schnee. Aber es war fast wie im Paradies, an diesem Berg allein unterwegs zu sein.“ Das findet auch seine Frau Edith, die ursprünglich auf den Mustagh Ata hatte steigen wollen, sich aber von Richard hatte umstimmen lassen. „Ich habe es sehr genossen. Für mich war es schön, die Besteigung mit Richard gemeinsam durchzuziehen. Ich war gar nicht so sehr auf den Gipfel fixiert, freue mich aber, dass es für alle geklappt hat.“

Eine zünftige Tour

Schwer bepackt und doch würdevoll

Schwer bepackt und doch würdevoll

Churchy beginnt erst langsam, den Erfolg zu realisieren. „Ich habe den Brunnen erreicht und spüre schon die Frische“, schwärmt Churchy. „Es war für mich am Limit, mit sehr viel Herz und Wille. Ich verspüre eine große Dankbarkeit. Durch den Gipfel ist das Ganze irrsinnig rund geworden.“ Für ihn sei der Kokodak Dome der letzte sehr hohe Berg gewesen. Andersherum sieht die Sache bei Hannes aus: „Es war meine erste richtige Expedition, und sie ist besser gelaufen als erhofft. Der Start einer großen Höhenbergsteiger-Karriere wird es aber wohl nicht, weil ich Familienvater bin.“ Diesen Zwiespalt empfindet auch Sven: „ Am Gipfel hatte ich – wie eigentlich immer – ein zweischneidiges Gefühl. Auf der einen Seite war ich froh, oben zu sein. Auf der anderen Seite fühlte ich mich ein bisschen als Egoist, weil meine Familie für mein Abenteuer zurückstecken muss.“ Dennoch bereut es Sven nicht, zum Kokodak Dome gekommen zu sein. „Es war eine schöne Mischung aus einer Erstbegehung und einer interessanten Route.“ Ins selbe Horn stößt auch Jürgen: „Es war nie grenzwertig, aber es hat immer gekribbelt. Es war rundum eine zünftige Tour.“

Ehrlich zu sich selbst

André ist ein Mann der offenen Worte. „Meine Bilanz ist geteilt. Der Kokodak Dome ist ein sehr schöner Berg, alpinistisch ansprechend, aber nicht zu schwierig“, sagt André. „Es gab Leute, die haben hart gekämpft und gesiegt. Und es gab einige, die im Windschatten gesiegt haben, ohne zu kämpfen. Letztere sollten ehrlich zu sich selbst sein.“

P.S.: Hier endet ein Abschnitt unserer Reise, aber nicht die ganze Expedition. Es wird in den nächsten Tagen weitere Berichte geben. Also, bleibt dran!

Datum

27. Juli 2014 | 15:16

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