Durch das Wasserlabyrinth
Von wegen, ich fahre einfach den Rhein runter. Je näher man der Mündung des Stroms in die Nordsee kommt, desto komplizierter wird es. Überall sind Flussarme und irgendwie haben sie auch alle mit dem Rhein zu tun, nur heißen sie nicht mehr so. Sondern eben Waal, Maas, Merwede oder Linge. Versehen mit Zusätzen wie „Oude“ (Alte), „Nieuwe“ (Neue), „Beneden“ (Untere) oder „Boven“ (Obere). Und dann gibt es auch noch die Kanäle, etwa den Amsterdam-Rijn-Kanaal, den ich heute bei Rijswijk überquerte. Da kann man leicht die Orientierung verlieren. Vorbei die Zeit, wo ich am Rhein entlangradelte und mich nur entscheiden musste, welche Uferseite ich nutzte.
Über Land, mit viel Wasser
Ohne die ausgezeichneten Karten, die an meiner Lenkertasche klemmten und die Schilder an den Radwegen, hätte ich mich heillos verfranzt. So aber ließ ich mich durch das Wasserlabyrinth führen und schaffte es tatsächlich, ohne nennenswerte Umwege mein Tagesziel Dordrecht zu erreichen. In diesem Teil verdient der Rhein-Radweg seinen Namen eigentlich kaum, da er durch viele ländliche Gebiete führt, oft auch entlang von Grachten oder kleinen Seen.
Mit der Fähre
Doch dann erreicht man plötzlich wieder einen der Rheinarme und muss mit einer Fähre oder einem Wassertaxi übersetzen. Das System funktioniert wirklich perfekt. Lange Wartezeiten gibt es in der Regel nicht. Zwischen 80 Cent und 1,50 Euro kostet die Überfahrt für einen Radfahrer. Und so ein Fähr-Transfer (kurz Transfähr 😉 ) kann durchaus kommunikativ sein. Auf dem Weg hinüber nach Kop van’t Land nahe Dordrecht kam ich mit einem anderen „Fietser“ ins Gespräch.
Klaps auf die Schulter
Der etwa 60-Jährige fragte mich, wie viele Kilometer ich heute schon zurückgelegt hätte, woher ich käme und wohin ich wollte. „Einige Passagen der Tour, die Sie hinter sich haben, bin ich vor Jahren auch schon entlang geradelt“, erinnerte sich der Mann. „Am besten gefiel mir die Gegend um Rüdesheim.“ Sprich das Obere Mittelrheintal zwischen Bingen und Koblenz. Zum Abschied gab er mir noch einen Tipp für eine Alternativroute nach Dordrecht. „Aber ihre ist auch sehr schön“, sagte er, gab mir zum Abschied einen Klaps auf die Schulter und radelte in einem Affenzahn davon.
Wadenschaden
Schönwetterradler waren heute jede Menge unterwegs. Seit dem Morgen schien die Sonne, der Wind war nicht der Rede wert, ideales Fahrradwetter. Wäre da nicht das ständige Ziehen in meinen Waden. Sie schreien förmlich nach Erholung. Einen Tag müssen sie noch durchhalten. Dann stehen wir – meine Waden und ich sowie mein liebes treues Faltrad – hoffentlich in Hoek van Holland am Strand und blicken gemeinsam auf die Rheinmündung.
Noch 70!
Dieser elfte Tag meiner Spendenradfahrt „School up! River down!“ für den Wiederaufbau der Schule im nepalesischen Dorf Thulosirubari dauerte neuneinhalb Stunden, 124 Kilometer war ich von Wageningen nach Dordrecht unterwegs. In früheren Zeiten endete dort der Rheinhandel, was der Stadt Reichtum bescherte. Heute hat ihr Rotterdam den Rang als Handelsmetropole abgelaufen. Dorthin fahre ich morgen und anschließend weiter ans Meer. Noch rund 70 Kilometer fehlen bis zum Ziel.
P.S.: Wenn ich am Strand angekommen bin, werde ich euch – sofern ich eine Netzverbindung habe und nachdem die Freudentränen getrocknet sind – per Twitter und Facebook informieren. Die ausführliche Zusammenfassung des letzten Tags gibt es dann nach meiner Rückkehr nach Köln.
P.P.S.: Wundert euch nicht wenn einige Bilder an den Rändern verschwommen sind. Das Einstellrad der Kamera war versehentlich auf den „Kreativmodus“ gerutscht. 🙂