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Dujmovits kehrt zum Mount Everest zurück
Zwei Wochen sind vergangen, seitdem sich Ralf Dujmovits entschieden hat, seine Winterexpedition am Nanga Parbat wegen des zu großen Eisschlag-Risikos abzubrechen. Zwei Wochen, um sich noch einmal in Ruhe Gedanken über die Erlebnisse in Pakistan zu machen und auch den Blick in die Zukunft zu richten. Ich erreiche den 52 Jahre alten Bergsteiger daheim in Bühl zu Füßen des Schwarzwalds.
Ralf, wie fühlt sich der deutsche Winter für dich an im Vergleich zu dem in Pakistan, besonders am Nanga Parbat?
Ich stand in Frankfurt am Flughafen und dann in Mannheim und Karlsruhe beim Umsteigen am Bahnhof im kurzen Hemd, um mich herum dick eingepackte Leute. Ich habe mich erst mal wieder an die Wärme gewöhnen müssen. Wir haben hier einen sehr warmen Winter, und das ist schon ein krasser Gegensatz zu dem, was wir in Pakistan hatten. Trotz allem komme ich allmählich an und fühle mich auch in der Wärme wieder wohl.
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Glück gehabt
Sein ungutes Gefühl hat Ralf Dujmovits nicht getrogen. Einen Tag nachdem er und sein polnischer Gefährte Darek Zaluski sich entschlossen hatten, ihre Winterexpedition auf der Diamir-Seite des Nanga Parbat abzubrechen, entkamen sie nur knapp einer Eislawine. Die beiden Bergsteiger hatten gerade ihr Lager 1 auf 4900 Metern unterhalb der Kinshofer-Route geräumt und befanden sich im Abstieg, als sich die Lawine löste. „Wir hatten solches Schwein!“, schreibt mir Ralf. Der 52-Jährige und Darek erreichten unversehrt das Basislager. Dujmovits hatte – wie berichtet – seinen Plan aufgegeben, den Nanga Parbat über die Messner-Route zu besteigen, weil ihm das Eisschlag-Risiko zu groß erschien.
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Dujmovits bricht Nanga-Parbat-Expedition ab
Ralf Dujmovits hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. „Nach genauem Abwägen der Situation habe ich mich heute Morgen – wir sind im Tiefschnee noch einmal zwei Stunden zum Gletscher aufgestiegen – zu einem Abbruch der Expedition entschlossen“, schreibt Ralf im Abschlussbericht seiner Winterexpedition zum Nanga Parbat. Sein polnischer Gefährte Darek Zaluski unterstütze die Entscheidung. „Mit einem gewissen Risiko hatte ich beim Aufstieg im Winter auf der Diamir-Seite – speziell auf der Messner-Route – gerechnet. Nicht aber mit unabsehbaren Risiken, die ich nicht bereit bin einzugehen. Der schwere Unfall am K2 oberhalb des Flaschenhalses im Jahr 2008 wegen eines abbrechenden Teils des großen Seracs ist eines von vielen Beispielen von vermeidbaren Eisschlag-Unfällen.“ Bei dem Unglück am zweithöchsten Berg der Erde waren elf Bergsteiger ums Leben gekommen.
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Zeitraubend und Furcht einflößend
Umsonst gespurt. „Es hat heute den ganzen Tag über geschneit“, berichtet Ralf Dujmovits aus dem Basislager auf der Diamir-Seite des Nanga Parbat. „Wir haben sicher zwischen 35 und 40 Zentimeter Neuschnee.“ Auf dem Weg zum Toilettenzelt sei er in eine Schneewehe gerutscht und habe Mühe gehabt, wieder herauszukommen. Ralf und sein polnischer Gefährte Darek Zaluski wissen, dass sie ihren Weg hinauf zum gestern angelegten Depot auf 5500 Metern wieder komplett neu spuren müssen. Der Neuschnee erhöht zudem die Lawinengefahr. „Wenn der Wind den Schnee nicht rausbläst, ist da gar nichts zu machen.“
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Saugefährlich
Das war nichts für schwache Nerven. „Wir haben zwei große Schneebretter abgetreten“, erzählt Ralf Dujmovits via Satellitentelefon nach seiner Rückkehr ins Basislager. Dann sei auch noch eine große Lawine abgegangen. „Das hat Darek den Rest gegeben.“ Sein polnischer Freund Dariusz Zaluski sei ziemlich bedient, er habe sich direkt ins Zelt zurückgezogen. Nach der Zeltnacht auf 4900 Metern waren die beiden durch den Eisbruch in die Messner-Route eingestiegen. „Wir sind gut vorangekommen“, sagt Ralf. „Auf 5500 Metern haben wir ein Depot angelegt, die Stelle taugt auch als Lagerplatz.“
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Stürmische Zeiten
Schon bevor Ralf das erste Wort ins Satellitentelefon spricht, weiß ich, in welchem Wetter er und Darek stecken. Der Wind rüttelt und zerrt am kleinen Zelt. Ein Hintergrundgeräusch, das niemand vergisst, der es schon einmal erlebt hat. Ralf Dujmovits und Darek Zaluski haben ihr Zelt auf einer Höhe von etwa 4900 Metern aufgeschlagen, unterhalb vom üblichen Lagerplatz eins der Kinshofer-Route, dort wo der Weg auf die Messner-Route abzweigt. „Es war gar nicht so leicht, das Zelt bei diesem Sturm aufzubauen“, sagt Ralf. „Da kam uns unsere Erfahrung aus vielen Expeditionen zugute.“
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Abwarten und Tee trinken
Es gehört zum Wesen von Plänen, dass man sie zuweilen über den Haufen werfen muss. Eigentlich wollten Ralf Dujmovits und Darek Zaluski heute wieder in die Diamir-Flanke des Nanga Parbat einsteigen, um auf einer Höhe von 4850 Metern zu biwakieren und von dort aus nach einem ersten Lagerplatz auf der Messner-Route zu suchen. Doch daraus wurde nichts. Als sich die beiden am Morgen zur verabredeten Stunde trafen, um aufzubrechen, signalisierte Darek, dass es besser sei, wenn er im Basislager bleibe. Ein Magen-Darm-Virus hat den Polen erwischt, Diät mit Reis und Tee ist angesagt. „Inzwischen geht es ihm schon deutlich besser“, erzählt Ralf am Abend (in Pakistan) per Satellitentelefon. „Wenn das Wetter mitspielt, könnten wir morgen aufsteigen.“
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Viel Blankeis
Eine Winterexpedition ist nichts für Warmduscher. Minus 18 Grad Celsius zeigte das Thermometer von Ralf Dujmovits im Basislager auf der Diamir-Seite des Nanga Parbat. Nicht draußen, sondern im Zelt. „Wir haben hier im Basislager gerade einmal zweieinhalb Stunden Sonne pro Tag“, sagt Ralf Dujmovits. Da bleibe kaum Zeit, den Computer und das Satellitenmodem auf Betriebstemperatur zu bringen. Ralf und Darek Zaluski sind von ihrer ersten Erkundungstour im unteren Gletscherbereich zurückgekehrt. „Das war brutale Spurarbeit“, berichtet Ralf. „Obenauf lag Pulverschnee, darunter eine harte Altschneeoberfläche. Häufig brach diese Decke, wenn ich drauftrat.“ Die meiste Zeit habe er gespurt, weil Darek noch nicht so gut akklimatisiert sei.
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Erinnerung an Anschlag ständig präsent
Sollte es noch Spuren des Mordanschlags geben, sieht man sie nicht. Im Basislager auf der Diamir-Seite des Nanga Parbat, wo Terroristen im Sommer elf Bergsteiger erschossen hatten, stehen keine alten Zelte mehr. Der Platz liegt unter einen etwa 70 Zentimeter dicken Schneedecke. „Wir haben uns heute durch einen halben Meter Neuschnee wühlen müssen“, erzählt Ralf Dujmovits per Satellitentelefon, eine Stunde nachdem er mit dem Polen Darek Zaluski, ihrem Koch Essan, dem Hilfskoch Karim und den ersten der 30 Träger im Basislager eingetroffen ist. „Die Träger wollen wegen der klirrenden Kälte nur noch schnell ihr Trinkgeld in Empfang nehmen und dann sofort wieder zurückkehren.“ Eine ursprünglich direkt nach der Ankunft geplante kleine Zeremonie für die Opfer des Anschlags musste wegen der widrigen Wetterverhältnisse verschoben werden.
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Mit der Kalaschnikow im Anschlag
Sicherheit wird groß geschrieben am Nanga Parbat. „Wir hatten die gesamte Zeit auf dem Karakorum-Highway eine Polizei-Eskorte“, sagt Ralf Dujmovits. „Vor und hinter uns fuhren ständig Pickups, auf deren Ladeflächen je zwei Polizisten auf Bänken saßen. Sie hielten ihre Kalaschnikows im Anschlag.“ Ralf ruft mich aus Chilas an, einer kleinen Stadt am Indus, etwa 50 Kilometer Luftlinie vom Achttausender Nanga Parbat entfernt. Weil das Gepäck seines polnischen Begleiters Darek Zaluski nicht rechtzeitig eingetroffen war, hatten sie einen Tag länger als ursprünglich geplant in Islamabad bleiben müssen. Am Samstag wollen Ralf und Darek die Lasten an ihre Träger verteilen, die sich dann auch schon auf den Weg Richtung Diamir-Basislager machen sollen. „Ich werde wohl morgen noch in Chilas bleiben, weil ich noch einige Formalitäten erledigen muss“, sagt Ralf. „Aber wenn alles nach Plan läuft, werden wir wohl in drei Tagen im Basislager eintreffen.“
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Dujmovits: Ab 5000 Metern alleine unterwegs
Schnell und allein. Das ist die Taktik, die sich Ralf Dujmovits für seine Winterbesteigung des Nanga Parbat vorgenommen hat. Der Bergsteiger, der als erster Deutscher auf allen 14 Achttausendern stand, wählte eine ungewöhnliche Form, um sich zu akklimatisieren: Der 52-Jährige bestieg den Aconcagua, den höchsten Berg Südamerikas, und verbrachte auch zwei Nächte am 6962 Meter hohen Gipfel. Ralfs Frau, die Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner, fehlt bei der Expedition zum Nanga Parbat. Die 43-Jährige muss ihre beim Training überbeanspruchten Gelenke kurieren. Ralf ist heute nach Pakistan gereist. Während seines kurzen Zwischenstopp zu Hause in Bühl habe ich mit ihm gesprochen:
Ralf, warum der Nanga Parbat?
Der Nanga Parbat ist für mich – und war auch lange Zeit für Gerlinde – der schönste Achttausender. Wann immer wir, nachdem die 14 Achttausender geschafft waren, gefragt wurden, an welchen dieser Berge wir vielleicht noch einmal zurückgehen wollten, haben wir unabhängig voneinander geantwortet: an den Nanga Parbat.
Und warum ausgerechnet im Winter?
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Plädoyer für Fairness am Everest
Ralf Dujmovits ist mit allen Himalaya-Wassern gewaschen. Seit 25 Jahren klettert Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger an den höchsten Bergen der Welt. Der Mount Everest, dessen Erstbesteigung vor 60 Jahren im Mai gefeiert wird, ist für den 51-Jährigen ein alter Bekannter. 1992 stand Ralf bei schlechtem Wetter auf dem 8850 Meter hohen Gipfel, oberhalb des Südsattels griff er zu Flaschensauerstoff. Es sollte der einzige der 14 Achttausender bleiben, den er mit Atemmaske bestieg. Der Bergsteiger aus Bühl empfindet das bis heute als Karriere-Scharte, die er gerne auswetzen würde. 2005, 2010 und 2012 versuchte Ralf, den Everest „oben ohne“ zu besteigen, dreimal scheiterte er. Und doch liebäugelt er noch immer mit einem neuerlichen Anlauf. Kein Wunder, dass Ralf über Aufstiege „by fair means“, also mit fairen Mitteln, spricht, als ich ihn um seinen Beitrag zu den Everest-60-Pinnwänden bitte (nachzulesen und -hören auf der rechten Seite des Blogs).
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Plea for fairness on Everest
Ralf Dujmovits is up to every Himalayan trick. For the last 25 years Germany’s most successful high altitude climber has been on the way on the highest mountains of the world. For him Mount Everest (the first ascent of the mountain 60 years ago will be celebrated in May) is an old acquaintance.
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Dujmovits: „Wahrheit nicht mehr zu leugnen“
Lautlose Energie. Während im benachbarten Basislager der tschechischen Expedition der Diesel-Generator knatterte, störten wir die wunderbare Ruhe auf dem zentralen Rongbuk-Gletscher zu Füßen der Nordwand des Mount Everest nicht – und hatten doch Strom. Ralf Dujmovits, mit dem ich 2005 erstmals auf Expedition war, setzte schon damals voll auf Sonnenenergie. Die kleine Solaranlage, die er sich selbst zusammengebastelt hatte, funktionierte einwandfrei. Der 50-Jährige, der als erster Deutscher alle 14 Achttausender bestieg, setzt sich seit vielen Jahren für einen schonenden Umgang mit der Natur ein. Ich habe Ralf gebeten, mir kurz zu beschreiben, wie er die Bedrohung der Bergwelt durch den Klimawandel sieht und unsere Möglichkeiten, daran etwas zu ändern. Lest selbst!
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Analog
Geschichten wiederholen sich. Als ich auf der Internetseite des Australiers Andrew Lock landete, staunte ich über viele Parallelen zu Ralf Dujmovits, Deutschlands erfolgreichstem Bergsteiger. Beide sind 50 Jahre alt, beide im Dezember 1961 geboren. Andrew war 2009 der erste Australier, der alle 14 Achttausender bestieg, Ralf im selben Jahr der erste Deutsche. Beide benutzten nur am Mount Everest Flaschensauerstoff und wollten jetzt diese Scharte auswetzen. Beide kehrten um und erklärten das Kapitel Everest für beendet. Sogar die Motive ähneln sich.
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