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Bildungswege

Fünf Blogger - fünf Länder - ein Dialog

Bildung und Geschlechtergerechtigkeit in Russland

Viele junge Eltern planen den Bildungsweg ihres Nachwuchses schon früh

Ich bin davon überzeugt, dass Geschlechtergerechtigkeit weltweit eines der wichtigsten Themen ist, und das bezieht den Bildungsbereich mit ein. Und natürlich hoffe ich, dass Geschlechtergerechtigkeit in den meisten Ländern bereits erreicht ist. In Russland haben Jungen und Mädchen die gleichen Bildungschancen: Im Kindergarten, in der Grundschule, in der weiterführenden Schule und dem Gymnasium.

Allerdings finde ich es schade, dass die Regierung in einzelnen Bereichen des Bildungssystems nicht sehr gut organisiert ist. Es gibt einfach zu wenige Kindergärten. Viele junge Familien müssen deshalb gegen die Bürokratie kämpfen, um das Recht ihres Kindes auf einen Kindergartenplatz durchzusetzen. Und das gilt nicht nur für die Großstädte, das Problem besteht auch in den regionalen Zentren. Oft ist es auch gerade dieses Übermaß an  Bürokratie, das junge Paare überlegen lässt, ob sie ein Kind bekommen oder nicht.  Oder wie sie  die Ausbildung eines Kindes bis zum Abschluss an einer weiterführenden Schule organisiert bekommen. Bei uns denken die jungen Paare viel früher darüber nach, als das in westlichen Staaten der Fall ist.

Auf unterschiedlichen Sprossen der Bildungsleiter können mitunter mal mehr Jungen oder mal mehr Mädchen stehen. Das hat aber nicht zwingend etwas mit kulturellen Restriktionen zu tun, sondern mit demographischer Entwicklung. An manchen Universitäten gibt es Fakultäten, da studieren fast keine Frauen, an anderen wiederum fast keine Männer.

Liegt die berufliche Zukunft im Management oder im Lehrbetrieb?

Ausschlaggebend sind in diesen Fällen die Klischeevorstellungen unserer Gesellschaft.  Das Unterrichten hält man hier eher für eine typisch weibliche Zuständigkeit: Mädchen werden zu Müttern und außerdem erfordert der Schuldienst wenig körperliche Kraft.  Deshalb studieren nur wenige Männer an der fremdsprachlichen Fakultät.Andere Berufsausbildungen sind eher den Männern zudacht. Das Ergebnis wird dann auf einer anderen gesellschaftlichen Ebene deutlich – auf dem Arbeitsmarkt. Es gibt viel mehr Männer in Managerpositionen und viel mehr Frauen im Lehrbetrieb. Ich sehe das als Nachteil an. Ich glaube, dass sich die Psychologie von Männern und Frauen unterscheidet und einige Eigenschaften der weiblichen Natur dem Management-Bereich gut bekommen würden.

In meinem ersten Beitrag habe ich ja bereits geschrieben, dass  es in Russland private und öffentliche Bildungseinrichtungen gibt. Für Eltern ist es selbstverständlich, ihre Kinder zu unterstützen und für deren Studium aufzukommen. Aber es gibt Familien, die können sich die Studiengebühren nicht leisten. Das ist ein ernsthaftes Problem, denn dadurch wird besonders der Zugang zu den angesehenen Universitäten eingeschränkt. Es besteht allerdings die Möglichkeit, ein Stipendium zu erhalten. Und: Die klügsten Studentinnen und Studenten werden schnell einen gut bezahlten Job finden, der ihnen finanzielle Unabhängigkeit bringt  –  die finanzielle Unterstützung durch ein Stipendium reicht bei Weitem nicht aus.

Datum

Dienstag, 15.05.2012 | 13:00

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