Lehrer und Regierung auf Konfrontationskurs
Im März dieses Jahres gab es einen großen Streik der Lehrervereinigung, weil sie eine Gehaltserhöhung fordern. Jedes Jahr kommt dieser Streik pünktlich zum Semesteranfang im März: Einige Wochen vorher beginnen die jährlichen Verhandlungen der Regierung mit der Vereinigung. In Argentinien haben Lehrer fast das niedrigste Einkommen. Also ist es ganz verständlich, dass sie oft mehr arbeiten und auch überarbeitet sind, damit sie überhaupt finanziell über die Runden kommen.
Die Forderung der Lehrer nach besseren Gehältern wurde dieses Jahr besonders hitzig diskutiert, weil zeitlich Kongressabgeordnete eine Gehaltserhöhung um 100 Prozent erhalten haben. Die Abgeordneten und die Senatoren hatten auch schon vorher richtig gute Gehälter. Aber die Forderung der Lehrer wurde abgewiesen. Und zu alle dem hat Präsidentin Kirchner den Appell der Lehrer einfach abgetan. Sie arbeiteten ja eh nur vier Stunden am Tag und hätten drei Monate im Jahr frei. Gleich am nächsten Tag haben alle Lehrer gestreikt – und das für zwei Wochen.
Warum macht unsere Präsidentin solche Stellungnahmen und bricht offen mit einem solch wichtigen Sektor? Ich habe das einfach nicht verstanden. Dafür musste es eine Erklärung geben, ein versteckter Zweck. Das habe ich mir zumindest so gedacht.
Als ich dann meine Freundin Eva Maria in der Provinz La Pampa besucht habe, habe ich mich mit ihrer Mutter über dieses Thema unterhalten. Ihre Meinung bedeutet mir sehr viel. Sie unterstützt die Behörden
eigentlich und ist auch selber Lehrerin. Sie hat mir dann gesagt, dass die Aussage unserer Präsidenten nichts Neues sei: „Das was sie gesagt hat, denken so viele Menschen in unserer Gesellschaft.“ Meine Schlussfolgerung daraus war, dass Frau Kirchner versucht hat, sich der Argumente derer annehmen, die bildungsfern sind und große wirtschaftliche Sorgen haben. Sie wollte wohl auf Stimmenfang gehen.
Unsere derzeitige Administration ist populistisch. Aber so ein Diskurs ist wichtig, denn nur so werden die Menschen erst auf solche wichtigen Themen aufmerksam. Und Argentinien ist in dieser Hinsicht in einer Notsituation. Die Lehrervereinigung stand der Regierungspartei eigentlich schon seit 2003 nah. Mittlerweile sind neun Jahre ins Land gegangen und an der Situation der Lehrer hat sich nichts verbessert. Geld macht die Menschen ja nicht nur wohlhabender, sondern ein höheres Gehalt ist auch eine Wertschätzung der eigenen Arbeit. Und wenn man mehr Geld hat, muss man sich weniger um seine sozialen Nöte kümmern und kann seinem Job und seine Berufung sorgloser nachgehen.
Ein gutes Beispiel für die schlecht funktionierende Zusammenarbeit zwischen Lehrern und Regierung ist das Programm: “Conectar Igualdad” (Gleichheit „verlinken“). Bei dieser Aktion hat die Regierung mehr als drei Millionen Netbooks an Kinder und Teenager in Schulen verteilt. Es kommt schon häufiger vor, dass die Kids zwar einen Computer haben, aber nicht wissen wie sie damit umgehen sollen oder es auch kein Internet in der Schule gibt. Manchmal wissen die Lehrer selber auch nicht wie sie damit im Klassenraum arbeiten sollen. Ein sehr hoher Anteil der Lehrer kann sogar überhaupt nicht mit einem Computer umgehen. Und wenn ich dann danach frage, wie die Schulung für die Lehrer innerhalb dieses Programms aussieht, dann ist die Antwort: Die Schulungen finden am Samstag statt. Warum sollte jemand, der bereits unterbezahlt ist, freiwillig am Samstag zu einer Schulung gehen? Die Regierung kümmert sich also nur oberflächlich um die Probleme. Ihre Bemühungen gehen leider insgesamt nicht weit genug.