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Bildungswege

Fünf Blogger - fünf Länder - ein Dialog

Einblicke in das Leben dreier Frauen

Lehrerinnen im Irak (Foto: Hellgurd S. Ahmed).

Gleichberechtigung im Irak: Besser, aber noch nicht gut genug

Für meine Recherche über die Situation der Frauen im Irak habe ich mich am vergangenen Wochenende mit drei sehr unterschiedlichen Frauen getroffen. So konnte ich ein besseren Überblick darüber bekommen, wie sie ihre eigene Situation einschätzen, und wie frei sie sich im Irak fühlen. Einige Höhepunkte dieser Gespräche würde ich gerne mit Euch teilen.

Als erstes habe ich mich mit einer Freundin getroffen, die als Grundschullehrerin arbeitet. Sie ist verheiratet und hat ein Kind. Sie fühlt sich als freie Frau. Dennoch: „Wir haben noch nicht genügend Freiheiten – auch wenn es in den vergangenen Jahrzehnten viel besser geworden ist“, sagt sie.

„Ich denke, es ist besser wenn Frauen jemanden heiraten, der den gleichen Beruf hat oder zumindest einen ähnlichen – dann kann man sich gegenseitig besser verstehen. Ich habe ein Kind, da ist es manchmal nicht ganz einfach einem Beruf nachzugehen. Ich muss mein Kind zur Kindertagesstätte schicken und ich bin mir nicht sicher, ob es dort gut erzogen wird. Aber ich habe keine andere Wahl“, meinte meine Freundin.

Hellgurd beim Interview (Foto: Hellgurd S. Ahmed).

Das bin ich - während der Interviews

Als nächstes sprach ich mit einer jungen, arbeitslosen Frau, die vor einem Jahr ihren Abschluss an einer Medienhochschule gemacht hatte. Anfangs hatte sie einen Job in der Politik, allerdings sei ihr dort übel mitgespielt worden, erzählte sie. „Meine Arbeit war davon abhängig, ob sie gerade Lust hatten, mir eine Aufgabe zu geben oder nicht. Oder sie überlegten, ob meine Spezialisierung im Moment gerade populär war oder eben nicht“, sagte sie verärgert.

Die dritte Frau, mit der ich sprach, war eine ältere Frau, die niemals eine Schule besucht hatte. Sie hatte Tränen in den Augen, als sie mir davon erzählte. „Mein Sohn“, sprach sie mich sanft an, „als ich jung war, lebte ich mit meiner Familie in einem Dorf. Dort gab es keine Schule – wir wussten noch nicht einmal so genau, was das sein sollte, eine Schule. Unterrichtet wurde nur in den Moscheen – unsere Männer und Jungs lernten dort Schreiben und Lesen. Manchmal mussten sie dafür auch das Dorf verlassen. Damals durften nur sehr wenige Frauen zur Schule gehen – und nur in den großen Städten“, sagte sie.

Mädchen aus Irak (Foto. Hellgurd S. Ahmed).

Neustart für die nächste Generation

“Ich bin sehr traurig, dass ich das Leben nicht richtig genießen kann. Ich fühle mich wie eine Blinde: Ich kann nicht Lesen noch Schreiben und kann daher nicht am modernen Leben teilhaben. Zum Glück kann ich zumindest miterleben, wie meine Kinder und die zukünftige Generation nun ein vollwertiges Leben leben können. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie manchmal jemand in meinem Dorf einen Brief bekam, aber keiner ihn lesen konnte. Dann mussten wir warten, bis die Männer nach Hause kamen. Damals war das völlig normal, aber wenn ich das mit dem heutigen Leben vergleiche, muss ich sagen, dass es ein Desaster war“, erzählte sie schweren Herzens.

Ich finde, diese drei Lebensgeschichten zeigen deutlich, welchen Stellenwert Frauen in meinem Land haben. Und sie zeigen auch, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten viel geändert hat. Ich hoffe, dass wir jetzt eine gerechtere Gesellschaft sind, aber wir müssen uns noch mehr bemühen. Gerade die junge Generation sollte daran arbeiten, dass unsere Politiker umdenken.

Datum

Dienstag, 22.05.2012 | 15:30

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