Ein Kunststudium für Künstler!
Die Kunsthochschulen im Irak haben in den vergangenen Jahren einige Fortschritte gemacht und es gibt mittlerweile viele gute Absolventen. Doch das sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass es immer noch Probleme gibt, über die wir dringend reden sollten. In diesem Blogeintrag möchte ich über das Kunststudium in meinem Land im Allgemeinen sprechen – darauf folgend dann über meine persönlichen Erfahrungen.
Ich habe an einer Kunsthochschule studiert. Allerdings bin ich der Ansicht, dass man nicht früh genug damit anfangen kann, sich mit Kunst zu beschäftigen. Wenn sich jemand beispielweise für Musik interessiert, sollte er so früh wie möglich ein Instrument erlernen, am besten zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr. So bekommt man einen natürlichen und selbstverständlichen Zugang zur Musik und ich bin sicher, dass das auch auf andere Kunstbereiche gilt.
Aber warum sollte der Staat eigentlich überhaupt ein Kunststudium ermöglichen? Geht es darum, Künstler zu fördern und ihnen anschließend einen entsprechenden Beruf zu ermöglichen?
Ich habe leider das Gefühl, dass es im Irak scheinbar kein Interesse an professionell ausgebildeten Künstlern gibt. Stattdessen wird der Fokus eher darauf gelegt, Kunstlehrer auszubilden, die vielleicht höchstens einmal eine Nationalhymne oder Volkslieder komponieren. Oder die in der Grundschule Kunst unterrichten – als bildender Künstler hat man ansonsten kaum Möglichkeiten einen künstlerischen Beruf auszuüben.
Und dennoch haben wir unter den Kunsthochschulabsolventen viele gute Künstler. Das hat jedoch weniger mit der Qualität der Lehre oder der Dozenten zu tun, als vielmehr mit der Leidenschaft und Zielstrebigkeit der einzelnen Leute.
Ein anderes Problem ist die Vertiefung des jeweiligen Studienfaches. Jeder Bereich in der Kunst hat mehrere Verzweigungen – davon merkt man an den Kunsthochschulen im Irak aber leider nichts. Für die Studenten ist das ziemlich verwirrend und kann dazu führen, dass sie im Laufe des Studiums vergessen, warum sie überhaupt Kunst studieren wollten. Stattdessen müssen sie zahllose Fächer belegen, die absolut gar nichts mit ihrer Spezialisierung oder ihren Interessen zu tun haben.
Ich musste zum Beispiel einen Kurs in meiner Muttersprache belegen – dabei kann ich die doch schon recht gut, und ich habe auch nicht vor, Lehrer oder ähnliches zu werden. Also warum muss ich meine Studienzeit damit verschwenden? Ist das eine neue Form der Bildungsdiktatur? Und wie soll ich mich auf meine Spezialisierung konzentrieren, wenn ich stattdessen 16 verschiedene Fächer belegen muss?
Das ist auch der Grund, warum ich mich bereits ab dem ersten Semester gelangweilt habe. Und sogar vergessen habe, warum ich mich überhaupt eingeschrieben hatte. Schließlich wollte ich doch eigentlich Geiger werden – und nicht Sprachlehrer oder Pädagoge. Vielen meiner Kommilitonen ging es genauso.
Wenn Du dann trotzdem endlich Deinen Abschluss gemacht hast, bist Du total verwirrt. Selbst wenn Du ein guter Künstler oder Musiker bist, wirst Du keine Möglichkeit gehabt haben, Deine Fähigkeiten zu verbessern. Das tötet Deine Liebe und Leidenschaft für die Kunst.
Für jemanden, der wirklich gerne Lehrer werden möchte, ist dieses Bildungssystem sicherlich gut geeignet – aber ganz bestimmt nicht für diejenigen, die Künstler werden wollen.