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Bildungswege

Fünf Blogger - fünf Länder - ein Dialog

Und was ist mit den Jungs? Kritische Anmerkungen zur Gleichberechtigung

Schultafel mit Tagesaufgaben in Kenia (Foto: Emmy Chirchir).

Gleiche Rechte für Mädchen - und Jungs!

Wir machen immer wieder den gleichen Fehler: Für uns ist der Begriff Gender gleichbedeutend mit den Belangen von Frauen. Die Gleichstellung der Geschlechter wird einfach mit Frauen und deren Kampf für Gleichberechtigung gleichgesetzt.

Soweit ich zurückblicken kann, haben Menschen um die Rechte der Frauen gekämpft. Auch große Institutionen wie die UNO setzen sich für die Rechte der Frauen ein – und das zu Recht. Sonst hätten wir heutzutage sicherlich nicht solche Fortschritte in Bezug auf die Emanzipation der Frauen zu verbuchen.

Allerdings kommt es mir so vor, dass damit die Belange der Jungen vergessen worden sind! Die Betonung auf die Mädchen und deren Förderung verlagert den Schwerpunkt weg von den Jungen. Hunderte von westlichen und lokalen Organisationen haben es sich zum Ziel gesetzt, Mädchen zu schützen, zu fördern und für die Emanzipation der Frauen zu kämpfen.

Doch wer kümmert sich eigentlich um die Jungen? Wo sind die Organisationen, die sich um deren Bedürfnisse mit speziellen Bildungsprogrammen kümmern? Ich finde, dass auch Jungen ein Recht auf zusätzliche Förderung außerhalb der Familie haben!

Aus den Blogeinträgen meiner Kollegen und aus Gesprächen mit verschiedenen Leuten habe ich das Gefühl, dass die Erziehung von Jungen und Mädchen in der heutigen Gesellschaft nicht wirklich differenziert betrachtet wird.

Schüler in Kenia stehen vor der Schule, Foto: Emmy Chirchir.

Mädchen und Jungen - gleiche Schule, andere Benotung

Zwar versuchen Bildungsinstitutionen und auch die Regierung mit verschiedenen Initiativen, Mädchen den Schulbesuch zur erleichtern. So stellte beispielsweise Ministerpräsident Raila Odinga vor einem Monat Geld für Damenbinden und Unterwäsche für Mädchen aus benachteiligten Familien zur Verfügung, damit diese zur Schule gehen können. Ein weiteres Beispiel für derartige Initiativen ist die unterschiedliche Bewertung von Schulnoten, da es oft heißt Mädchen hätten nicht so gute Noten wie Jungen.

Wie ich in meinem ersten Blogeintrag erwähnt habe, müssen Schüler sowohl für eine weiterführende Schule als auch für ein Studium eine nationale Prüfung bestehen. Die Regierung senkte hier die erforderliche Mindestpunktzahl für Mädchen, um sicherzustellen, dass sie – trotz einer geringeren Punktzahl – zum Studium zugelassen werden. Das macht es aber einfacher für die Mädchen, oder?

Ich finde, dass Mädchen und Jungen dann nicht auf dem gleichen Spielfeld spielen. Durch diese Art von Förderung wird von Frauen weniger erwartet. Doch wenn es später darum geht, eine Anstellung zu finden und beide Geschlechter schließlich das gleiche Spielfeld betreten, werden Frauen eventuell Schwierigkeiten haben, da sie bisher eine weichere Behandlung gewohnt waren.

Und trotz der vielen Maßnahmen, die bereits ins Leben gerufen wurden, gibt es weiterhin Geschlechter-Unterschiede, wie Maria in ihrem Blogeintrag schreibt. Hellgurd erwähnt auch etwas sehr interessantes: Er stellt fest, dass es schwieriger für Jungen und Mädchen ist befreundet zu sein, wenn sie älter werden. Da stimme ich ihm zu. Sobald ein Mädchen die Schule verlässt, wird von der Gesellschaft (vor allem von der männlichen) erwartet, dass die Frau „in ihre Schuhe passt“ und „nicht gegen die Regeln“ verstößt, die von der Gesellschaft festgelegt sind.

Die Situation in Kenia ist vielleicht nicht so schlimm wie im Irak. Aber es gibt immer noch Bereiche in der Berufswelt, die weiterhin in der Domäne der Männer liegen, wie zum Beispiel im Bauingenieurwesen.

Bin ich also dennoch für eine zusätzliche Förderung von Mädchen? Natürlich bin ich dafür. Aber die Verantwortung liegt bei uns Frauen, wir müssen unsere Agenda selbst bestimmen und uns für Mädchen einsetzen. Meiner Meinung nach sollten Mädchen keine besonderen Gefälligkeiten bekommen, da das sicherlich nicht zu mehr Gerechtigkeit beiträgt. Zusätzlich sollte die Jungenpädagogik nicht aus den Augen verloren werden und gleichbedeutend sein. Schließlich leben wir nicht in einer Welt, die nur aus Frauen besteht!

Datum

Mittwoch, 23.05.2012 | 11:00

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