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Bildungswege

Fünf Blogger - fünf Länder - ein Dialog

Wenn Gewalt in der Luft liegt…

Produktiver Erfahrungsaustausch: Meine Freunde an der Uni in Berlin

Das ist also mein letzter Eintrag, bevor wir dann alle vom Global Media Forum (GMF) in Bonn berichten werden. Mich hat das ganz schön schockiert, als ich gehört habe, dass Hellgurds Einträge überhaupt nicht mehr veröffentlicht werden, weil er so stark bedroht wurde. Und da bin ich noch einmal zurück zum Anfang des Projekts gegangen, um mir Hellgurds Videopräsentation anzuschauen. Er sagt, dass Musik eine universelle Sprache ist, die die Unterschiede zwischen den Menschen überbrücken kann.

Ich glaube, die Chance, an einem internationalen Dialog teilzunehmen, bedeutet in gewisser Weise auch, eine gemeinsame Grundlage, einen gemeinsamen „Code“ zu finden. Es muss ja nicht unbedingt sein, dass man dieselbe Sprache spricht sondern vielmehr dass man einen dialektischen Kontext aufbaut, in dem jeder seine Ideen ausdrücken kann und in seiner Individualität verstanden wird. Werte wie Toleranz, Empathie und Bescheidenheit sind da ein absolutes Muss. Und Gewalt kommt hier überhaupt nicht in Frage.

Probleme tauchen auf, wenn man sich schon so an Gewalt gewöhnt hat,  dass man hierfür gar nicht mehr sensibel genug ist. Das berührt auch mich, denn mein Heimatland Argentinien durchläuft gerade einen schwierigen sozialen Veränderungsprozess. Die jetzige Regierung unternimmt radikale Schritte in der Wirtschaftspolitik. Seit Kirchner Präsidentin ist, geht ein Riss durch die ganze Gesellschaft. Heutzutage liegt viel Aggression in der Luft, da wird heftig „geschossen“, und man ist entweder auf der Seite der einen oder der anderen.

Die eigene Wirklichkeit aus einem ganz neuen Blickwinkel begreifen: Teilnehmer des Salzburger Global Seminar on Media and Global Change

Da wird mit scharfen Worten auf die Gefühle von Menschen gezielt, auf ihre Identität, auf ihre Alltagssorgen. Aber die Diskussion konzentriert sich niemals auf Ideen. Das ist das Hauptproblem: Wir diskutieren keine Ideen für eine entwickelte Gesellschaft; wir bleiben stecken in einem Smalltalk aus Vorurteilen und, in den meisten Fällen, Einheitsmeinungen. Wie ich in meinem zweiten Blog-Eintrag schon gesagt habe: Unsere Gesellschaft hat eine Menge durchgemacht, und es wird Jahre brauchen, bis die Wunden heilen. Diese Art der Gewalt im öffentlichen Diskurs schadet nur.

Einer der Gründe, warum ich mich so auf das GMF freue, ist, dass hier der internationale Dialog erweitert wird, er bekommt neues Leben eingehaucht. Es ist nicht das erste Mal, dass ich die Gelegenheit habe an so einem Erfahrungsaustausch teilzunehmen. 2008 habe ich ein Stipendium bekommen, um zum Global Seminar on Media and Global Change in Salzburg zu fahren. Da habe drei Wochen lang mit Studenten aus aller Welt über grundlegende Fragen der journalistischen Ethik diskutieren können. 2009 habe ich dann ein Jahr lang in Berlin freie Künste studiert. Solche Erfahrungen helfen einem, eine Haltung gegenüber anderen Menschen zu entwickeln, die darauf fußt, dass man einander zuhört und mit tieferem Verständnis begegnet, so dass man schließlich auch die eigene Wirklichkeit aus einem ganz neuen Blickwinkel begreift.

Datum

Montag, 25.06.2012 | 10:35

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