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Bildungswege

Fünf Blogger - fünf Länder - ein Dialog

Erst in die Schule – und was dann?

Maria Cruz

Eine Zirkusshow in Barrio Mosconi an der staatlichen Schule

Ich habe Pavels Eintrag gelesen und mir darüber Gedanken gemacht, wie die außerschulische Lernsituation bei uns in Argentinien ist. Wir haben natürlich Vereine und Clubs, aber nur die wohlhabenden Familien können sich die leisten. Pavel sagt, dass die Menschen sich mehr und mehr nach Alternativen umschauen, weil das Bildungssystem mit der weltlichen Entwicklung nicht mehr Schritt halten kann. In armen Gegenden in meinem Land ist das eher umgekehrt. Die Kinder fallen aus dem Bildungssystem heraus, weil sie mit den Anforderungen nicht mithalten können. Und das liegt daran, dass sich keiner um ihre Bedürfnisse kümmert.

Es gibt schon Vieles, das dagegen getan wird. Was die Institutionen angeht, so bieten mittlerweile alle staatlichen Schulen und auch die privaten katholischen Schulen den Kindern ein warmes Mittagessen an. Für die Meisten von ihnen ist das der einzige Ort an dem sie überhaupt etwas zu essen bekommen. Schulen sind daher nicht mehr nur für die Bildung da, sondern sie ernähren diese Kinder auch.

Es gibt aber auch politische Organisationen, die sich diesem Thema widmen. Sie bieten den Kindern Nachhilfeunterricht an oder organisieren verschiedene kulturelle Workshops. Aber auch die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) versuchen den Menschen aus den sozial schwachen Gegenden wieder etwas Hoffnung zu schenken. Bei der NGO, bei der ich arbeite, gibt es ein Programm, das sich „Moving Circus“ – Wanderzirkus – nennt. Dort können die Kinder Zirkuskurse belegen.

Während eines Eröffnungstreffens des „Moving Circus“ in Barrio Mosconi, einem armen Stadtteil im Bezirk Ensenada, haben wir von vielen interessanten Projekten gehört. Wir konnten ein Meeting mit der Direktorin und einigen Lehrern der Grundschule vereinbaren, dem Koordinator einer Initiative mit dem Namen „Futuro Ensenadense“ und dem Leiter des Sportclubs in Mosconi. Sie alle waren sich einig, dass es die größte Herausforderung sei, eine sinnvolle Beschäftigung für die Kinder nach der Schule zu finden. In den Morgenstunden werden sie dort ja betreut, daher konzentrieren sich die meisten Projekte auf die außerschulischen Aktivitäten der Kinder. Die meisten von ihnen haben eben kein richtiges Elternhaus, in das sie nach der Schule zurückkehren können. Entweder die Eltern arbeiten, oder aber sie interessieren sich nicht für das was ihre Kinder tun. Und so verbringen viele von ihnen ihre Freizeit auf der Straße.

Luis, der Chef des Sporclubs, hat uns erzählt wie er versucht hat die Kinder durch den Sport von den Drogen fern zu halten. Er hat eine Fußballmannschaft zusammengestellt und die Jungs aus dem Ort haben mitgemacht. Liliana, die Schuldirektorin, hat davon berichtet wie Freiwillige einen Leseclub für Erst-und Zweitklässler ins Leben gerufen haben. Allerdings gab es den Club nicht lange, erzählt Liliana. „Die jungen Frauen wollten das unbedingt. Sie waren so enthusiastisch, aber sie waren eben keine ausgebildeten Tutoren.“

Maria Cruz

Zirkus - ein Hobby für Kids

Es ist so wichtig, dass qualifiziertes Personal sich mit diesen Kindern beschäftigt. Anders geht das nicht. Besonders die ganz jungen Kids finden oft nicht die emotionale Unterstützung, die sie brauchen. Der „Moving Circus“ war daher die Lösung. Die Kinder konnten sich auf etwas freuen, was sie am Nachmittag machen werden. Ich habe mich natürlich oft gefragt: Reicht das? Oder ist das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein?

Es hat sich zum Glück herausgestellt, dass das Projekt einen positiven Einfluss auf die Gemeinde hatte. Liliana hat uns erzählt, dass sie zum Ende des Schuljahres eine kleine Zirkusshow auf die Beine gestellt haben und die Kinder ihren Eltern und Lehrern mal zeigen konnten, was sie drauf haben. Ehrlich gesagt, das hat uns wirklich überrascht: Ein wahrer Beweis dafür, dass sich in Barrio Mosconi etwas geändert hat.

Datum

Mittwoch, 30.05.2012 | 20:00

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