Schamane auf Reisen
Naturvölker haben einen Sinn für Poesie. Das Wort Internet existiert in der Sprache der Inuit nicht. Die Bewohner der Arktis sprechen von „Ikiaqqijjuti“, wörtlich übersetzt: Ein Schamane reist durch eine andere Dimension der physischen Welt. Eine wunderbare Umschreibung des Virtuellen. Ich lasse den Schamanen wieder ins Karakorum reisen, zu den Bergsteigern, die sich im Winter an den Achttausendern Pakistans versuchen.
weiterlesen
Klimawandel am Nanga Parbat
Die Alpen versinken im Schneechaos, das Rheinland nicht. Hier herrschen derzeit Temperaturen wie im Herbst und auch sonst fühlt es sich eher wie November an: nass, windig, dunkel. Von Winter (noch) keine Spur. Im Karakorum sieht das natürlich anders aus. Minus 21 Grad zeigt das Thermometer im Basislager von Simone Moro und Denis Urubko. Der Italiener und der Ukrainer wollen den Nanga Parbat erstmals im Winter besteigen. Doch die beiden sind nicht allein am „Nackten Berg“. Eine polnische Expedition hat sich dasselbe Ziel gesteckt. Mit 8125 Metern ist der Nanga Parbat die Nummer neun unter den Bergen, doch je nach Betrachtungsweise kann er auch als der höchste gelten.
weiterlesen
Fußball auf dem Everest
Und wieder muss der Mount Everest herhalten. 2008 sperrte China wochenlang den Berg, um von der tibetischen Seite aus die olympische Fackel auf den 8850 Meter hohen Gipfel zu bringen. Ziel der Übung: Werbung – oder sollte ich sagen Propaganda? – für die Spiele in Peking. In diesem Frühjahr nun soll auf dem Everest Fußball gespielt werden – als Appetitmacher für die Europameisterschaft 2012 in der Ukraine und Polen. Der Gipfel taugt nicht für ein Match, doch kurz darunter haben Bergsteiger aus der Ukraine ein mögliches kleines Spielfeld ausgemacht.
weiterlesen
Schöne Lawine, sagt Simone
Christian Wulff ist schuld. Daran, dass ich heute ein Schlafdefizit habe. Die mäßig unterhaltsame „Das war ein schwerer Fehler“-Show des Bundespräsidenten sorgte dafür, dass der Nanga-Parbat-Film von Joseph Vilsmaier in der ARD-Programmlawine immer weiter nach hinten rutschte und schließlich erst zu nachtschlafener Zeit zum Stillstand kam. Nicht, dass mich der Vilsmaier-Spielfilm über das Messnersche Brüderdrama von 1970 mehr vom Fernsehsessel gehauen hätte als das Wulffsgeheul. Aber immerhin entführte er mich zum „Nackten Berg“ in Pakistan und animierte mich, heute früh doch einmal nachzusehen, ob es Neuigkeiten von den Winterexpeditionen im Karakorum gibt.
weiterlesen
Rückblick am Tag, der in Samoa keiner ist
Die spinnen, die Samoaner. Klauen sich selbst einen Tag, nämlich den heutigen. Der Staat im Pazifik wechselte über die Datumsgrenze, sparte sich also ganz einfach den 30. Dezember. Angeblich aus wirtschaftlichen Gründen, doch wahrscheinlich eher, weil die Samoaner stets die Letzten waren, die Silvester feierten. Jetzt gehören sie zu den Ersten, haben also die Prophezeiung „Die Letzten werden die Ersten sein“ eigenmächtig erfüllt. Mir ist der Tag viel zu schade, als dass ich ihn einfach wegschenken würde. Eigentlich ist der Jahresausklang doch eine herrliche Zeit. Selbst die Arbeit ist wie Urlaub. Das Telefon steht (fast) still, Konferenzen fallen aus. Zeit darüber nachzudenken, was das ablaufende Jahr an großen Abenteuern gebracht hat.
weiterlesen
Romero (ohne Julia, bald mit Laura?)
Der Weihnachtsschmaus ist verdaut, der Schrecken über die Anzeige der Waage nach den Feiertagen ebenfalls. Ich habe es geschafft, drei Tage lang einen Bogen um den Computer zu machen. Und stellt euch vor, ich lebe noch! Ihr hoffentlich auch. Da ich die Geschichte einmal angerissen habe, erfülle ich jetzt auch meine Chronistenpflicht: Jordan Romero hat den Mount Vinson bestiegen, den mit 4892 Metern höchsten Berg der Antarktis.
weiterlesen
Harte Hunde
Temperaturen von minus 40 Grad Celsius, Schneesturm. Keinen Hund würde man vor die Tür jagen. Doch dieses Wetter ist ganz nach dem Geschmack der „harten Hunde“ unter den Bergsteigern, der Spezialisten für Winterbesteigungen. Wie im vergangenen Winter haben sie sich auch diesmal vor allem Ziele im Karakorum in Pakistan ausgesucht. Schließlich können sie hier noch alpinistisches Neuland betreten. Während die Achttausender in Nepal allesamt bereits im Winter bestiegen wurden (die meisten in den 1980er Jahren von polnischen Expeditionen), dauerte es bis Anfang 2011, ehe erstmals Bergsteiger in der kalten Jahreszeit auf dem Gipfel eines Bergriesen im Karakorum standen: Dem Italiener Simone Moro, dem Kasachen Denis Urubko und dem Kanadier Cory Richards gelang am 4. Februar am 8034 Meter hohen Gasherbrum II die erste Winterbesteigung eines der fünf Achtttausender in Pakistan. Jetzt rücken Simone und Denis dem Nanga Parbat auf den Pelz.
weiterlesen
Missgeglückt
Haken drunter, in die Hände spucken, weiter? Das mag bei anderen Projekten funktionieren, nicht aber bei einer Expedition. Monatelang bereitest du dich geistig und körperlich darauf vor. Und wenn es dann endlich losgeht, prasseln in fünf Wochen Eindrücke auf dich ein und du machst Erfahrungen wie sonst vielleicht in fünf Jahren – wenn überhaupt. Kein Wunder also, dass eine Expedition im Kopf nachklingt. Meiner spuckt dann schon einmal zum gipfellosen Gipfeltag am Putha Hiunchuli mit all seinen Widersprüchen ein Gedicht wie das folgende aus. Reimlos, denn schon Georg Christoph Lichtenberg, scharfzüngiger Schriftsteller des 18. Jahrhunderts und erster deutscher Professor für Experimentalphysik, wusste: „Die Leute, die den Reim für das Wichtigste in der Poesie halten, betrachten die Verse wie Ochsenkäufer von hinten.“ In diesem Sinne:
Hiros Nr. 13
Er nennt es das „Projekt 14“. Hirotaka Takeuchi will sich als erster Japaner in die Liste der Bergsteiger eintragen, die alle 14 Achttausender bestiegen haben. Und Hiro, der im vergangenen Sommer seinen 40. Geburtstag feierte, ist auf einem guten Weg dorthin. Am 30. September (jenem Tag, an dem ich Richtung Nepal startete, um mich am Siebentausender Putha Hiunchuli zu versuchen) erreichte er in Tibet mit seinem Landsmann Nakajima den 8188 Meter hohen Gipfel des Cho Oyu. Es war Hiros 13. Achttausender. Jetzt fehlt ihm nur noch der Dhaulagiri in seiner Sammlung.
weiterlesen
Marcs Tipp
Er war, wo ich hin will. Marc Faber stand am 14. Oktober 2010 gegen 10 Uhr vormittags 7246 Meter hoch: auf dem Gipfel des Putha Hiunchuli. „Wenn das so weitergeht, wird er bald ein rheinischer Berg“, hatte mir Marc geschrieben, nachdem er den Putha Hiunchuli gegoogelt hatte und dabei auf meinen Blog gestoßen war.
Wir verabreden uns dort, wo sich Kölner gerne treffen: auf ein Kölsch (oder zwei oder drei …) in einem Brauhaus. Ich hoffe auf ein paar gute Tipps für meinen Trip nach Nepal, der in zwei Wochen beginnt.
weiterlesen
Gerlindes Gipfelfoto vom K 2
Gipfelfotos gibt es nicht erst seit gestern. 1861 bestiegen die französischen Brüder Auguste-Rosalie und Louis-Auguste Bisson den Mont Blanc und dokumentierten das Unternehmen mit ihren aufwändig produzierten Fotografien. 25 Träger waren nötig, um die Ausrüstung auf den 4810 Meter hohen Gipfel zu schaffen. Fotos vom Aufstieg (siehe l.) sind erhalten, Gipfelbilder leider nicht. Angeblich gelangen den Brüdern ganz oben mehrere gute Aufnahmen.
Im 20. Jahrhundert wurde die Fotokamera ein wichtiger Bestandteil der Bergsteiger-Ausrüstung. Gipfelerfolge wollten dokumentiert sein. Die Briten George Leigh Mallory und Andrew Irvine hatten 1924 am Mount Everest eine Kleinbildkamera im Gepäck, als sie zu ihrem Gipfelversuch aufbrachen, von dem sie nicht mehr zurückkehrten. Die Leiche Mallorys wurde 1999 gefunden, die Kamera bis heute nicht. Von der Erstbesteigung 1953 gibt es nur ein Gipfelfoto Tenzing Norgays, geschossen von Edmund Hillary. Der Neuseeländer sagte später, sein Seilpartner habe bis dahin in seinem Leben kein Foto gemacht und der Gipfel des höchsten Bergs der Erde sei nicht gerade der richtige Ort gewesen, um es zu lernen.
Heute wird eine spektakuläre Bergbesteigung ohne Gipfelfoto kaum noch anerkannt. 2010 enttarnte ein Bild den Österreicher Christian Stangl am K 2 als Gipfelschwindler. Experten hatten sehr schnell bemerkt, dass das vermeintliche Gipfelfoto viel weiter unten entstanden war.
weiterlesen
Alle heile unten
Das Abenteuer K 2 ist erfolgreich zu Ende gegangen. Gerlinde und ihre drei Mitstreiter stiegen nach ihrem Gipfelerfolg ohne Zwischenfall bis ins Tal ab. „Mit großer Erleichterung dürfen wir vermelden, dass Tommy und Ralf heute Vormittag Gerlinde, Maxut, Vassiliy und Darek im Depot am Ende der spaltenreichen Zone des Gletschers überglücklich in Empfang nehmen konnten“, teilt Ralfs und Gerlindes Team in der Heimat mit. „Nun geht es gemeinsam den restlichen Weg zurück ins Basislager und, nach einer kurzen Rast, noch weiter hinunter bis ins Chinese Basecamp. Dort warten bereits die Kamele und schon morgen beginnt der Rückweg in die Zivilisation.“
weiterlesen
Geschafft!
Gerlinde Kaltenbrunner hat Bergsteiger-Geschichte geschrieben. „Um 18:18 Uhr Ortszeit hat Gerlinde den Gipfel des K 2 erreicht“, schreibt ihr Ehemann Ralf Dujmovits aus dem Basislager. Damit hat die 40 Jahre alte Österreicherin als dritte Frau nach der Südkoreanerin Oh Eun Sun und der Spanierin Edurne Pasaban alle 14 Achttausender bestiegen. Als erste Frau schaffte es Gerlinde, bei allen Aufstiegen auf Flaschensauerstoff zu verzichten. Chapeau!
Erster Erfolg am K 2 seit 2008
Kurz nach Gerlinde erreichten auch die drei anderen Bergsteiger der Gipfelmannschaft den höchsten Punkt: die beiden Kasachen Maxut Zhumayev und Vassiliy Pivtsov sowie der Pole Darek Zaluski. Auch Maxut und Vassiliy haben jetzt alle 14 Achttausender ohne Atemmaske bestiegen. Erstmals seit 2008 gelang wieder einem Team ein Gipfelerfolg am K 2 – und das über die anspruchsvolle und selten begangene Nordpfeiler-Route auf der chinesischen Seite des Bergs. „Es ist ein Geschenk, dass wir gemeinsam bei diesen schwierigejn Verhältnissen im Aufstieg und bei diesem fantastischen Wetter am Gipfel stehen durften“, sagt Gerlinde per Funk. Sie hatte zuvor drei Jahre hintereinander vergeblich versucht, den K 2 über die pakistanische Seite zu besteigen.
weiterlesen
Nächster (letzter?) Versuch am K 2
Aber jetzt! Nach einigen Tagen Erholung im so genannten Chinese Basecamp auf 3900 Metern sind Gerlinde Kaltenbrunner, Ralf Dujmovits und ihr Team am K 2 zum Gipfelversuch aufgebrochen. Nachdem es einige Tage lang geschneit hat, soll das Wetter in den nächsten Tagen stabiler, vor allem trocken sein. Die Bergsteiger verbrachten zwei Nächte in Lager I auf 5300 Metern, um abzuwarten, dass Lawinen den Neuschnee aus der Route fegen.
weiterlesen
Warten auf die realistische Gipfelchance
Eigentlich hatten Gerlinde Kaltenbrunner und ihr Mann Ralf Dujmovits geplant, in diesen Tagen in ihr Haus in Bühl im Schwarzwald zurückzukehren. Stattdessen sitzen sie noch immer in ihrem Zelt auf der chinesischen Seite des K 2 und warten auf ihre erste wirkliche Gipfelchance. Der letzte Versuch endete auf einer Höhe von gut 8000 Metern. Entgegen der Wetterprognose hatte es heftig zu schneien begonnen, so dass Gerlinde, Ralf und ihr Team zwei Nächte in ihren Zelten auf 7900 Metern verbringen mussten. Dann erst riss der Himmel wieder auf. „Als wir den Reißverschluss unseres Zeltes öffneten, sahen wir einzelne Bergspitzen aus einer dichten Wolkendecke herausragen“, schreibt Ralf im Expeditionstagebuch, „ein Anblick den wir selbst nur ganz selten erleben dürfen.“
weiterlesen
Feedback
Comments deactivated