Shivas Bug
Mick mag keine Achttausender. Erstens herrscht ihm an diesen Prestigebergen zu viel Rummel. Und zweitens dauert eine solche Expedition einfach zu lange. Maximal vier Wochen gönnt sich Mick Fowler pro Jahr, um an den Bergen der Welt zu klettern. Schließlich verdient der Brite sein Geld als Steuerbeamter und hat nicht endlos Urlaub. Jetzt haben Mick und sein Kletterpartner Paul Ramsden in Indien eine neue anspruchsvolle Route eröffnet: Am 6142 Meter hohen Shiva im Bundesstaat Himachal Pradesh meisterten sie als Erste den Nordostgrat. „Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, wie ihr das anstellen wollt“, hatte ihnen der russische Bergsteiger Andrej Muryshev mit auf den Weg gegeben, der vorher an dem Grat gescheitert war. Der Berg war 1988 von einer japanischen Frauenexpedition über eine leichtere Route von Süden her erstbestiegen worden. Zu dem Team hatte auch Junko Tabei gehört, die erste Frau auf dem Mount Everest.
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Patrick Edlinger ist tot
Er war ein großer Kletterer. Patrick Edlinger ist am Freitag in seinem Heimatort La Palud-sur-Verdon im Alter von 52 Jahren gestorben. Über die Todesursache wurde nichts mitgeteilt. „Le Blond“, wie Edlinger wegen seiner langen, blonden Haare genannt wurde, hatte in den 1980er Jahren Maßstäbe im Freiklettern gesetzt, vor allem an den 700 Meter hohen Felsen der Verdon-Schlucht in Südfrankreich. Weit über die Kletterszene hinaus wurde Edlinger durch den spektakulären Dokumentarfilm „Opéra vertical“ bekannt, der ihn in Hochform zeigte.
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Göttinmutter reif für Mütterkur
Das Telefon klingelt. Ich blicke auf das Display. Na so was, eine Premiere! Chomolungma ruft mich an. Bisher war das eher eine Einbahnstraße. Stets hatte ich den höchsten Berg der Erde angeläutet, um mich nach seinem Befinden zu erkundigen. Neugierig hebe ich den Hörer ab.
Hier ist Chomolungma, bist du es, Stefan?
Namasté, mein Freund! Das ist aber eine Überraschung, dass du dich mal meldest. Wie komme ich zu der Ehre? Ich dachte, du lägst im Winterschlaf.
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Abrocken unterm Gipfelkreuz
Älter werden bedeutet, dass dir Haare an Stellen wachsen, wo du sie nicht haben willst. Und die richtigen fallen aus, die Mähne wird dünner. Insofern tauge ich kaum noch für einen 1a-Gipfelmosher. Dazu müsste ich eine richtig lange Matte haben und auf Heavy Metal stehen. Bis vor einigen Tagen wusste ich nicht einmal, was „Moshen“ ist. Zu meiner Entschuldigung: Selbst die gängigen Online-Übersetzungshilfen Englisch-Deutsch kennen den Begriff nicht. Ein Zeitungsartikel klärte mich auf, dass es sich um ein Synonym für „Headbanging“ handele, also das wilde Schütteln langer Haarmatten zu Metal-Klängen. Ich erfuhr, dass zwei bayrische Bergsteigerinnen mit der Vorliebe für spanische Heavy-Metal-Bands vor sechs Jahren auf die spaßige Idee kamen, auf Berggipfeln ihre Mähnen kreisen lassen. Die beiden mit den Phantasienamen LoqUita und Chiquita inspirierten andere dazu, es ihnen gleich zu tun. Hunderte von Beweisfotos zieren inzwischen ihre Internetseite gipfelmoshen.de. Richtig neugierig wurde ich, als ich las, dass es auch schon eine „Erstbemoshung“ des Putha Hiunchuli gab – jenes Bergs im Westen Nepals also, auf dessen Gipfelgrat ich selbst im Oktober 2011 auf 7150 Metern, hundert Höhenmeter unter dem Gipfel, umkehren musste. Eine klassische „Fehlbemoshung“.
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Fruchtbare Zeit für Bergsteiger-Talente
Ausbildung zum Extrembergsteiger. Das klingt schräg, hat aber eine inzwischen lange Tradition. Im nächsten Jahr feiern die Trainingsexpeditionen des Deutschen Alpenvereins ihren 30. Geburtstag. Gerade sind fünf junge Bergsteiger von ihrer fünfwöchigen Abschlussexpedition im Osten Tibets zurückgekehrt. Unter Leitung ihres Trainers David Göttler gelang ihnen die Erstbesteigung eines vorher namenlosen 5910 Meter hohen Bergs. Sie tauften ihn anschließend Melcyr Schan, „Vergessener Berg“.
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Zwei wie Jean und John
Zahlen können verwirren. Besonders wenn es um Schwierigkeitsgrade von Kletterrouten geht. Eine 9 a (französische Skala) entspricht in etwa einer 5.14 d (US-Skala) oder einer glatten 11 (Skala des Weltverbands der Alpinisten UIAA). Wie auch immer: Für die allermeisten ist eine solche Route nicht kletterbar. Josune Bereziartu war 2002 die erste Frau, die eine 9 a meisterte: in einer senkrechten, ziemlich glatten, fast grifflosen Felswand in Saint Loup in der Schweiz. „Das war wirklich eine sehr extreme Kletterei, in allen Bereichen am Limit“, erzählt mir die Baskin beim IMS in Brixen. Technik, Kraft und Psyche, alles habe optimal zusammenpassen müssen. „Wenn du zu viel Kraft investiert hast, bist du gestürzt. Wie bei einem Ferrari, den du in der Kurve zu schnell fährst.“ Erst 2011 gelang es der US-Amerikanerin Sasha DiGiulian als zweiter Frau, eine vergleichbar schwere Route zu klettern.
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Hervé Barmasse, Bergsteiger mit Gefühl
Ausgelutschte Berge gibt es nur für Bergsteiger, die ihren Geschmackssinn verloren haben. Auf diesem Standpunkt steht Hervé Barmasse. Der Italiener aus dem Aostatal hat im vergangenen Jahr an gleich drei „Modebergen“ der Alpen neue Routen eröffnet: an seinem Hausberg Matterhorn, dem Mont Blanc und dem Monte Rosa. „Ich wollte zeigen, dass man auch in den Alpen noch Abenteuer erleben kann“, sagt der 34-Jährige während unserer gemeinsamen Wanderung beim International Mountain Summit in Brixen in Südtirol. „Abenteuer ist für mich, neue Routen zu finden, neue Berge zu besteigen, und dabei nicht nur die Welt, sondern mich selbst zu erforschen – das, was ich am Berg fühle. Denn ein Leben ohne Emotionen ist nicht gut.“
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Auf der Jagd nach dem Eis
Matthias Scherer war das Eisklettern fast in die Wiege gelegt – und das, obwohl er in Frankfurt am Main geboren wurde, fernab der Alpen. „Meine Mutter hatte eine große Leidenschaft, Eiszapfen zu fotografieren. Da war ich schon als sehr kleines Kind dabei“, erzählt der 38-Jährige. „Irgendwann entstand dann dieser verrückte Wunsch: Da kann man auch hochklettern.“ Im Winter 1992 begann Matthias, auf gefrorenen Wasserfällen zu klettern. Seitdem hat ihn diese Leidenschaft nicht mehr losgelassen. Heute ist er Eiskletter-Profi, genauso wie seine Frau Tanja Schmitt.
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Seniorentreff am Everest
Im nächsten Frühjahr bietet der Mount Everest wieder einmal eine Rekordjagd der besonderen Art. Zwei über 80-Jährige wollen den höchsten Berg der Erde besteigen und sich damit im Guinness-Buch der Rekorde verewigen. Dort wird derzeit als ältester Mann, der jemals auf dem 8850 Meter hohen Gipfel stand, Min Bahadur Sherchan geführt. Der Nepalese hatte den Mount Everest im Mai 2008 im Alter von 76 Jahren und 340 Tagen bestiegen. Das reicht ihm noch nicht. Sherchan will seinen eigenen Rekord knacken. „Ich möchte etwas machen, was andere in meinem Alter nicht mehr wagen“, sagte Sherchan kürzlich. „Ich will beweisen, dass die Wunder für uns Ältere niemals enden müssen. Damit ich erfolgreich sein kann, habe ich sogar das Trinken und Rauchen aufgegeben.“
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Faire Idee in Zeiten der Unfairness
„Entschuldigung, ich muss einen Moment grinsen.“ Eigentlich sollte meine Frage, ob das Kapitel Mount Everest für ihn wirklich ein für allemal abgeschlossen sei, nur locker ins Gespräch führen. Doch da habe ich bei Ralf Dujmovits wohl einen Nerv getroffen, der sich noch immer regt: „Man soll ja niemals nie sagen.“ Die Massen auf den Normalwegen hätten ihn ziemlich abgeschreckt und letztlich auch vor fünf Monaten zu seinem spontanen ‚Lebe wohl, Everest!’ verleitet, sagt Ralf. „Wenn ich es mir dann aber so recht überlege, bleibt der Everest außerhalb der beiden Normalwege immer noch ein sehr einsamer, schöner und großer Berg. Und die Idee, dort ohne künstlichen Sauerstoff oben anzukommen, ist immer noch da.“
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Stopp, es reicht!
„Schlimm, furchtbar, erschreckend, ein trauriger Anblick.“ Gerlinde Kaltenbrunner ist noch immer schockiert über das, was sie im vergangenen Frühjahr am Mount Everest gesehen hat: Hunderte von Bergsteigern, die in einer langen Reihe über die Lhotse-Flanke am Fixseil zum Everest-Südsattel aufstiegen. „Da sind so viele Leute unterwegs gewesen, die dort nichts verloren gehabt hätten. Die meisten mit Flaschensauerstoff, mit Sherpas, die ihre Lasten getragen haben. Einige hatten mit Sicherheit vorher noch nie Steigeisen angelegt.“ Dass am nächsten Tag auf der Südseite des höchsten Bergs der Erde im Gipfelbereich vier Menschen ums Leben kamen, hat Gerlinde nicht überrascht.
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Botschafter zeitloser Bergsteiger-Werte
Der Mann heißt Steve und ist Fisch wie ich. Neben Vorname und Sternzeichen verbindet uns die Liebe zu den Bergen. Dann aber hören die Gemeinsamkeiten auf. Denn Steve Swenson hat im Gegensatz zu mir als Bergsteiger einzigartige Spuren hinterlassen – und ist auch mit mittlerweile 58 Jahren noch nicht am Ende seiner Karriere angelangt. 2012 wurden der US-Amerikaner aus Seattle und seine Landsleute Mark Richey und Freddie Wilkinson für ihre Erstbesteigung des 7518 Meter hohen Saser Kangri II in der Region Kaschmir mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet, dem „Oscar der Bergsteiger“. Bereits 1990 hatte Swenson mit Greg Child und Greg Mortimer den K 2 über den Nordgrat bestiegen. Vier Jahre später kehrte er den Achttausendern den Rücken. Nach seinen Erlebnissen 1994 am Mount Everest hatte er von den „Prestigebergen“ die Nase voll.
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Besser Koala als tot
Nicht nur ich bin heimgekehrt (aus Südtirol), auch der Japaner Nobukazu Kuriki (aus Nepal). Allerdings in deutlich schlechterem Zustand als ich. Der 30-Jährige bezahlte seinen Versuch, den Gipfel des Mount Everest im Alleingang und ohne Flaschensauerstoff über die anspruchsvolle Westgrat-Route zu erreichen, mit schweren Erfrierungen im Gesicht, an Händen und Füßen. Inzwischen liegt Kuriki in einer japanischen Klinik.
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Mit und ohne Seil verbunden
Wieder draußen, wieder ein traumhaft schöner Tag in Südtirol. Diesmal führt der IMS-Walk über die Höhen des Valser Tals zum „Stoanamandel“ auf 2118 Metern, einem Platz mit Gipfelkreuz, Steintürmchen und Dolomitenpanorama. Die Gruppe ist deutlich kleiner als gestern, diesmal hat ein Bus ausgereicht, um alle zum Ausgangspunkt der Wanderung zu chauffieren. Mit von der Partie sind drei Zweier-Seilschaften der besonderen Art.
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Ein Tag in den Bergen mit Gerlinde und Ralf
An diesem Tag muss man einfach auf die Berge steigen. Strahlender Sonnenschein, 20 Grad warm und gute Fernsicht. Da mag sich der eine oder andere gedacht habe, ich schnüre meine Wanderstiefel und steige einsam zur 2581 Meter hohen Kassianspitze auf. Doch er hatte die Rechnung ohne die drei Kleinbusse gemacht, die auf einen Schlag hundert Wanderer ausspuckten, die sich im Pulk auf den Weg zum Gipfel machten. Der „International Mountain Summit“ hatte zum „IMS Walk“ mit Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits eingeladen. Es ist eine gute und wohl einzigartige Tradition, dass die Organisatoren der Veranstaltung die Spitzenbergsteiger, die beim IMS ihre Vorträge halten, dazu „verdonnern“, mit Bergfreunden wandern zu gehen. Stars zum Anfassen.
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